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/ 03.06.2013
Peter Riesbeck

Sozialdemokratie und Minderheitenrecht. Der Beitrag der österreichischen Sozialdemokraten Otto Bauer und Karl Renner zum internationalen Minderheitenrecht

Saarbrücken: Verlag für Entwicklungspolitik 1996 (Schriften zur politischen Ethik 5); VII, 158 S.; 36,- DM; ISBN 3-88156-686-4
Examensarbeit Mainz; Erstgutachter: E. Garzón-Valdés. - Vor dem Hintergrund der Nationalitätenfrage in der Habsburgermonarchie formulierten Renner (1870 - 1950) und Bauer (1881 - 1838) ihren als Personal- bzw. Kulturautonomie bekannt gewordenen Ansatz zum Minderheitenrecht. In mindestens zwei Aspekten unterscheidet sich der Ansatz von konkurrierenden Konzeptionen: Zunächst wird eine deutliche Abkehr vom Territorial- und eine Hinwendung zum Personalitätsprinzip vollzogen. Vergleichbar mit der neuzeitlichen Trennung von Staat und Kirche traten sie für eine ebensolche Trennung zwischen Staat und Nation ein, wobei die Zugehörigkeit zu einer nationalen bzw. ethnischen Gruppe durch ein freies Bekenntnis vollzogen wird. Gleichzeitig erhalten alle Minderheiten das Recht auf weitreichende kulturelle Selbstverwaltung und eine Vertretung auf allen institutionellen Ebenen, die jedoch strikt auf kulturelle Belange begrenzt bleibt. Zu praktischen Erfahrungen mit der Umsetzung der Personalautonomie kam es nach dem Ersten Weltkrieg in den drei baltischen Staaten, nachdem sie weder beim Mährischen Ausgleich (1905) noch in der Autonomie für Herzegowina (1910) berücksichtigt wurde. Riesbeck würdigt zunächst ausführlich die Arbeiten der beiden österreichischen Sozialdemokraten und fragt anschließend "nach den Bedingungen[, ...] die sich aus den Arbeiten von Bauer und Renner für ein wirksames System im Minderheitenrecht ableiten lassen" (13). Schnell wird deutlich, daß Minderheitenschutz eine umfassende politische Aufgabe darstellt, deren Gelingen mindestens zweier Voraussetzungen bedarf: "Zum einen, einer politisch-rationalen Legitimation des Staates zur Begründung des Staatsvolkes als Demos bzw. der Nation als staatsrechtlich-voluntaristische Staatsnation. Zum anderen bedarf Minderheitenrecht institutioneller Voraussetzungen im Aufbau des politischen Systems". (146) Insbesondere dort, wo verschiedene Gruppen ohne feste Siedlungsgebiete in Gemengelagen koexistieren, kann die Personalautonomie hierfür einen geeigneten Rahmen darstellen. Ein Ergebnis, das "gerade im Hinblick auf die sogenannten 'neuen' Minderheiten, die in der Regel im Einwanderungsland nicht über ein geschlossenes Siedlungsgebiet verfügen" (146), eine beachtenswerte Perspektive bietet.
Christoph Emminghaus (cem)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 4.422.42.222.23 Empfohlene Zitierweise: Christoph Emminghaus, Rezension zu: Peter Riesbeck: Sozialdemokratie und Minderheitenrecht. Saarbrücken: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/3233-sozialdemokratie-und-minderheitenrecht_4238, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 4238 Rezension drucken
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