/ 31.05.2013
Rolf Daxhammer
Special Interest Groups and Economic Policy in Democratic Societies. Theoretical foundations and empirical evidence
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 1995 (Europäische Hochschulschriften: Reihe V, Volks- und Betriebswirtschaft 1677); 261 S.; 79,- DM; ISBN 3-631-47789-9Wirtschaftswiss. Diss. Hohenheim 1993; Erstgutachter: J. Genosko. - Daxhammer diskutiert Theorien über die Rolle der Interessenverbände (interest groups) im wirtschaftspolitischen Entscheidungsprozeß. Sein "comprehensive approach" (17) führt letztlich zu Vorschlägen für Maßnahmen, mit denen gemeinwohlverträgliches Verhalten der Verbände und der politischen Akteure erreicht werden soll (90).
Weder die Pluralismustheorien noch - als Gegensatz - Mancur Olsons "theory of collective action" hätten gezeigt, ob und warum Interessenverbände wirtschaftspolitische Entscheidungen beeinflussen. Diese Lücke füllen "concepts of political markets and rent-seeking" (100, 62 ff., 93 ff.). Danach sind Verbände die Nachfrager und staatliche Entscheidungsträger die Anbieter in politischen Märkten. Die Machtmittel der Verbände (Geld und Wählerstimmen, 105 ff., 134) werden nachfrageseitig ebenso theoretisch aufgearbeit wie auf der Angebotseite das Entscheidungsverhalten der politischen Akteure (135 ff.). Der politische Prozeß wird allerdings nur bedingt als Parallele zum ökonomischen Prozeß betrachtet. Daxhammer hebt ausdrücklich das Phänomen von "trade-offs" hervor: Politische Effektivität führe zu einer Reduktion wirtschaftlichen Wohlstands. Nur bei gegebener vollständiger Information der Wähler würden ökonomische und politische Effektivität zusammenfallen (100 ff.).
Basierend auf der "Endogenous Tariff Theory" von S. P. Magee, W. A. Brock und L. Young, einer "Pionierarbeit" (207), zeigt Daxhammer Elemente eines "General Equilibrium Approach" (189 ff.), der letztlich auf gleiche Durchsetzungschancen aller Interessen abzielt. Dies führt zu teilweise institutionellen Vorschlägen, um diejenigen Aktivitäten zu unterbinden, die einzelnen Akteuren zwar Vorteile, der Gesellschaft allerdings unverhältnismäßige Kosten einbringen. Unorganisierte und unterrepräsentierte Interessen sollen unterstützt bzw. Gruppen mit ungebührendem Einfluß geschwächt werden (209 ff.). Daxhammer tendiert zu korporatistischen Lösungen. Partikulare Interessenverfolgung durch Gruppen sei Ausdruck für Freiheit und grundlegend für gesellschaftlichen Wohlstand; allerdings müsse durch Mechanismen gewährleistet sein, daß das - aus der Spieltheorie bekannte - Gefangenen-Dilemma durchbrochen werde, in dem die ausschließliche Verfolgung des Eigennutzes den größten eigenen und gesellschaftlichen Schaden einbringe (232 ff.).
Diese Arbeit ist nicht nur von Bedeutung, weil sie die deutsch- und englischsprachige Literatur zu diesem Thema souverän verarbeitet und zusammenführt - was ein Personenregister nahegelegt hätte. Sie ist darüberhinaus ein begrüßenswerter Beitrag der Wirtschaftswissenschaften zur Diskussion eines sozialwissenschaftlichen Dauerthemas und zeigt theoretische Perspektiven für die ökonomisch orientierte Politikwissenschaft auf.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.22 | 2.21 | 2.64
Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Rolf Daxhammer: Special Interest Groups and Economic Policy in Democratic Societies. Frankfurt a. M. u. a.: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/369-special-interest-groups-and-economic-policy-in-democratic-societies_118, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 118
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M. A., Politikwissenschaftler.
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