Skip to main content
/ 30.05.2013
Simon Ramirez-Voltaire

Symbolische Dimensionen von Partizipation. Aushandlungen von lokalpolitischen Gemeinwesen und Institutionen im Kontext der bolivianischen Dezentralisierung

Berlin: edition tranvía – Verlag Walter Frey 2012 (Fragmentierte Moderne in Lateinamerika 12); 421 S.; 32,- €; ISBN 978-3-938944-65-3
Diss. FU Berlin; Begutachtung: M. Braig, M. Zapata Galindo. – Simon Ramirez‑Voltaire befasst sich mit der Rolle lokalpolitischer Institutionen bei der symbolischen Konstruktion des politischen Gemeinwesens in Bolivien. Entlang der Dezentralisierungsreformen der 1990er‑Jahre und deren Weiterführung bei der Neugründung der Republik seit 2006 untersucht er die Konflikte zwischen politischen Gruppen, deren Vorstellungen zum Verhältnis von Nationalstaat und heterogenen lokalen Institutionen differieren. Das Gesetz zur Volksbeteiligung im Jahr 1994 wies den Landkreisen eigene Finanzmittel zu und räumte ihnen mehr Rechte bei der Selbstverwaltung ein, wodurch auf lokalpolitischer Ebene neue Handlungsspielräume entstanden. Diese trugen dazu bei, dass die symbolische Legitimation des Nationalstaats zunehmend ins Wanken geriet und sich die Regierungen der Departments gegenüber den Landkreisen in ihren Kompetenzen benachteiligt fühlten. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Nationalstaat den Ansprüchen der gestärkten lokalen Organisationen einerseits und den nach mehr Autonomie strebenden Departments des Tieflands andererseits ausgesetzt. Ramirez‑Voltaire interessiert sich aber nicht für das Funktionieren subnationaler institutioneller Regime. Vielmehr betrachtet er die Effekte der Dezentralisierungsprozesse auf das Staatsverständnis und das Selbstbild einer pluralen Gesellschaft in lokalpolitischen Arenen. Die Annäherung an die mikropolitischen Prozesse erfolgte über eine neunmonatige Feldforschung in zwei Regionen, die sich in ihren politischen Organisationsformen und Zielen stark unterscheiden. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die institutionelle und symbolische Neuordnung nur dann erfolgreich sein kann, wenn Gedanken wie Einheit und Gleichheit nicht nur von oben postuliert, sondern in lokalen Partizipationsräumen von unten ausgehandelt und imaginiert werden. Ramirez‑Voltaire leistet mit dieser Studie einen wertvollen Beitrag zum Verständnis der symbolischen Dimension von Politik, die in Zeiten politischer Dezentrierung und Denationalisierung für die Kohäsion politischer Entitäten von eminenter Bedeutung ist. Die Lektüre ist somit einer breiten Leserschaft, die sich im interdisziplinären Feld zwischen Kultur‑ und Politikwissenschaft bewegt, zu empfehlen.
Andreas Hetzer (AHE)
Diplom-Medienwirt, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Fach Politikwissenschaft, Universität Siegen.
Rubrizierung: 2.652.212.22 Empfohlene Zitierweise: Andreas Hetzer, Rezension zu: Simon Ramirez-Voltaire: Symbolische Dimensionen von Partizipation. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/191-symbolische-dimensionen-von-partizipation_43592, veröffentlicht am 11.04.2013. Buch-Nr.: 43592 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
Neueste Beiträge aus
Außen- und Sicherheitspolitik