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/ 15.01.2015
Jonas Schäfer

Teufelskreis Terrorismus. Sinn und Funktion eines Konfliktsystems

Marburg: Tectum Verlag 2013 ; XIV, 333 S. ; 34,90 €; ISBN 978-3-8288-3101-8
Diss. Jena; Begutachtung: H. Rosa, H. Messmer. – Lässt sich der Krieg gegen den Terror als ein sich selbst reproduzierendes System beschreiben, analysieren und verstehen? Jonas Schäfer sieht dafür gute Gründe und untersucht unter Rückgriff auf systemtheoretische Ansätze, wie der Terrorismus sich als Konfliktsystem reproduziert und somit zum titelgebenden „Teufelskreis“ werden kann. Als Grundlage dient ihm der dominierende Gegensatz zwischen den USA und Al Kaida. Dabei interessiert ihn weniger die Gewalt als weitestgehend selbstreferenzielle systeminterne Kommunikation zwischen den jeweiligen US‑Präsidenten und den Führern des Terrornetzwerks. Mithilfe der Methode der Differenztheoretischen Text‑Analyse (DTA) nach Titscher und Meyer, die unter anderem auf eine experimentelle Textvariation setzt, versucht er, „einen umfassenden Einblick in die Sinnkonstruktionen der Kommunikation des Konfliktsystems“ (289) zu gewinnen. Er nutzt hierzu die von Luhmann entlehnte analytische Dreigliederung der Zeit‑, Sozial‑ und Sachdimensionen zur Rekonstruktion des „Terrorimus [sic] als emergentes soziales System bzw. als ein Konfliktsystem der Weltgesellschaft“ (55). In der Untersuchung der Zeitdimension beschreibt Schäfer zunächst Gegenwart, Geschichte und Prozesse der Aufrechterhaltung und Eskalation des Konflikts durch eine alternativlose Gewaltkommunikation. Demnach behauptet jede Konfliktpartei von sich, „‚gerechte Gründe‘ für Gewalt zu besitzen und sieht sich entweder im Glauben an die religiösen Werte oder im Glauben an das Recht bestärkt“ (115). In der Sozialdimension offenbaren sich die Mechanismen und Art der Feindbildkonstruktion, die aufseiten der USA als identitäre Einigungsstrategie für die eigene Bevölkerung dient und aufseiten Al Kaidas als Theorie der zionistischen Weltverschwörung daherkommt. Auch offenbart sich die Funktion der Massenmedien in diesem Prozess, Bildvorschläge zur Konstruktion übereinstimmender Erwartungshaltungen zu liefern. Nach Schäfer ist das System der Massenmedien in dieser Situation „weder ein Abbild der Realität noch ein Manipulationsversuch, sondern ein Produkt einer bestimmten Beobachterperspektive“ (203). In der Analyse der Sachdimension zeigt sich, dass die Gewalt das einzige Thema zwischen den USA und Al Kaida ist. Schäfer zieht das Fazit, dass die im Konfliktsystem vorherrschende selbstreferenzielle Art der Kommunikation auf beiden Seiten lediglich identitätssichernd funktioniert. Die Folge sind „blinde Flecken“ (292), die die Schädigung des Anderen und die Möglichkeit positiven fremdbestimmten Wandels betreffen. Die Unterschiede in der jeweiligen Gewaltkommunikation sind dabei „für die Gewalt im System nicht relevant“ (294). Sie gehorchen einer Eigenlogik, die eine Verständigung auszuschließen scheint.
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Rubrizierung: 4.412.254.22 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Jonas Schäfer : Teufelskreis Terrorismus. Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37958-teufelskreis-terrorismus_44199, veröffentlicht am 15.01.2015. Buch-Nr.: 44199 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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