/ 12.02.2015
Alina Mungiu-Pippidi (Hrsg.)
The Anticorruption Frontline
Opladen u. a.: Barbara Budrich Publishers 2014 (The Anticorruption Report 2); 128 S.; pb., 19,90 €; ISBN 978-3-8474-0144-5Korruption sei der häufigste Anlass für Proteste – weltweit: Von der Occupy‑Bewegung bis zum Arabischen Frühling, immer sei es ein Versagen der politischen Elite, das junge Menschen auf die Straße treibe. Für dieses Versagen seien häufig Vetternwirtschaft, Bestechung und die Veruntreuung öffentlicher Gelder die Ursachen. So lauten einige der Ergebnisse des EU‑Forschungsprogramms Anticorrp (Anticorruption Policies Revisited: Global Trends and European Responses to the Challenge of Corruption). Bei diesem Sammelband handelt es sich um die Fortsetzung des ersten Antikorruptionberichts (siehe Buch‑Nr. 44634). In Fallstudien aus der Ukraine, Bulgarien, Ruanda und Katar werden die Entwicklung der Korruption und ihre Bekämpfung nachgezeichnet. Andrew Wilson weist etwa daraufhin, dass im Vorfeld des Ukraine‑Konflikts der damalige Präsident Wiktor Janukowytsch zusammen mit seinen engsten Vertrauten vermutlich etwa rund 100 Milliarden US‑Dollar Staatsgelder in nur vier Regierungsjahren veruntreute. Damit stelle die Ukraine‑Krise aktuell die dramatischsten und sichtbarsten Folgen von Korruption in Europa dar. Ruanda dagegen gelte international als Musterschüler in Sachen Korruptionsbekämpfung und Guter Regierungsführung. Alessandro Bozzini hinterfragt in seinem Beitrag diese Erfolgsgeschichte kritisch. Im Wirtschaftssystem des Landes spielten große Firmengruppen eine starke Rolle, die entweder eng mit der mächtigen Regierungspartei RPF (Ruandische Patriotische Front) oder direkt dem Staat verknüpft seien. Der Autor vermutet hier Günstlingswirtschaft, diese sei zwar nicht klar zu beweisen, aber in der allgemeinen Wahrnehmung der Bevölkerung gelten die regierungsnahen Unternehmen als bevorzugt, etwa bei Ausschreibungen von Staatsaufträgen. Trotzdem habe sich Ruanda seinen, im Vergleich zu den Nachbarländern, guten Ruf in Sachen Korruptionsbekämpfung durchaus verdient – zumindest was die Bestechlichkeit auf den unteren Ebenen von Wirtschaft und Verwaltung angeht, betont Bozzini. Dieses Fallbeispiel zeigt laut den Anticorrp‑Forschern, dass die häufig zitierten Korruptions‑Indikatoren‑Systeme von Transparency International und der Weltbank methodische Schwächen aufweisen, da diese hauptsächlich auf von Befragten wahrgenommenen Fällen von Bestechlichkeit beruhen, komplexere Phänomene politischer Korruption aber schlecht erfassen können.
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Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 3.5 | 2.67 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Alina Mungiu-Pippidi (Hrsg.): The Anticorruption Frontline Opladen u. a.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de//index.php?option=com_content&view=article&id=38072, veröffentlicht am 12.02.2015. Buch-Nr.: 46261 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA