/ 03.06.2013
Martin Vocke
Verfassungsinterpretation und Normbegründung - Grundlegungen zu einer prozeduralen Theorie der Verfassungsgerichtbarkeit
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 1995 (Schriften zum Staats- und Völkerrecht 63); 169 S.; brosch., 65,- DM; ISBN 3-631-48993-5Rechtswiss. Diss. Würzburg; Erstgutachter: D. Blumenwitz. - Unter expliziter Bezugnahme auf amerikanische Theorieansätze der judicial review versucht der Autor, die Legitimität der Verfassungsgerichtsbarkeit an sich zu begründen und ihr adäquate Funktionen zuzuordnen. Vocke gliedert seine Untersuchung in drei Teile: Zunächst wird die Tragfähigkeit "interner" (51) Methoden, insbesondere der Hermeneutik, zur Verfassungsinterpretation analysiert und deren Valenz zur politischen Philosophie herausgestellt. Zweitens skizziert er die Liberalismus-Kommunitarismus-Kontroverse als Hintergrund für die Frage, welchen Beitrag die politische Philosophie in Deutschland zur Begründung von Rechtsnormen leisten kann. Nach einer kritischen Schau materialer und prozeduraler Normbegründungstheorien spricht sich der Autor für eine diskurstheoretische Begründung von Normen aus. Entsprechend besteht die Funktion der Verfassungsgerichtsbarkeit, so der Grundgedanke des dritten Kapitels, in der Sicherung des politischen Prozesses, den zu gewähren die "wichtigste Idee" (141) einer Verfassung ist, die als Verfahrens- und nicht als Wertordnung verstanden werden sollte.
Das Vorhaben ist, in den Worten des Autors, "höchst komplex" (1), aber statt eigene Analysen zu bieten und Ansätze zur Theoriebildung aufzuzeigen, beschränkt sich seine Darstellung überwiegend auf das Referieren der verschiedenen theoretischen Konzeptionen. Diese werden zudem häufig oberflächlich abgehandelt: So nimmt sich der Autor vier knappe Seiten für John Hart Elys bekannte wie umstrittene Konzeption einer prozeduralen Theorie der Verfassungsgerichtsbarkeit (130 ff.) und würdigt die Kritik an diesem Ansatz mit zwei kurzen Fußnoten (133). Insgesamt wird die Studie weder ihrem Anspruch noch dem Titel gerecht.
Oliver Lembcke (OL)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.323 | 2.23 | 2.64 | 2.21 | 2.32
Empfohlene Zitierweise: Oliver Lembcke, Rezension zu: Martin Vocke: Verfassungsinterpretation und Normbegründung - Grundlegungen zu einer prozeduralen Theorie der Verfassungsgerichtbarkeit Frankfurt a. M. u. a.: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/805-verfassungsinterpretation-und-normbegruendung---grundlegungen-zu-einer-prozeduralen-theorie-der-verfassungsgerichtbarkeit_660, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 660
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Dr., Politikwissenschaftler.
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