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/ 11.06.2013
Michail Gorbatschow

Wie es war. Die deutsche Wiedervereinigung. Aus dem Russischen von Kurt Baudisch

Berlin: Ullstein 1999; 222 S.; 36,- DM; ISBN 3-550-07005-5
Anläßlich des zehnjährigen Jubiläums des Mauerfalls schildert Gorbatschow über die Darlegungen in seinen Memoiren hinaus nochmals einige Etappen auf dem Weg zur Wiedervereinigung aus seiner Sicht, weil er bislang den Eindruck habe, "daß einige wichtige Umstände nicht objektiv interpretiert oder vielleicht auch bewußt verzerrt wiedergegeben wurden" (8). Bei seiner Schilderung stützt er sich teils auf bislang nicht veröffentlichte Niederschriften diverser Gespräche, Telefonate und Treffen mit Kohl, Bush, Modrow und anderen. So finden sich etwa wörtliche Passagen vom Treffen mit Kohl vom 24. Oktober 1988. Gorbatschow rekapituliert, wie er die immer noch etwas im Schatten des Goebbels-Vergleichs Kohls stehende Begegnung einordnete und wie sie zu einem ersten Durchbruch in den deutsch-sowjetischen Beziehungen wurde, bei der Kohl von der Lösung der deutschen Frage als mögliche Option für die Enkelgeneration sprach. Umstrittene Fragen wie etwa die der NATO-Mitgliedschaft eines wiedervereinigten Deutschlands rekapituliert Gorbatschow nochmals in ihren verschiedenen Facetten und Entwicklungsstadien. So positiv, wie Gorbatschow die Entwicklung hin zur deutschen Einheit würdigt, so erbittert und enttäuscht zeigt er sich zugleich über den Zerfall der Sowjetunion. Nicht zuletzt mit Blick auf Boris Jelzin meint er: "[D]ie an die Macht gekommenen Kräfte vernebelten den Menschen um der eigenen ehrgeizigen und selbstsüchtigen Ambitionen willen den Kopf, weckten bei ihnen die Illusion, sie könnten es besser und leichter haben, wenn sie getrennt lebten, und vergifteten sie mit ihrer nationalistischen Demagogie." (176) Die Etablierung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten nennt er ein "Komplott" (177) zur Beseitigung der Sowjetunion. Enttäuscht zeigt er sich aber auch über einige bundesrepublikanische Schritte nach 1990 wie etwa die deutsche Rolle im Jugoslawien-Konflikt. In den Text eingefügt sind Ausschnitte aus Erklärungen und Interviews Gorbatschows. In einem Anhang findet sich die gemeinsame Erklärung mit Kohl, die Verträge über gute Nachbarschaft und Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Sowjetunion sowie der 2+4-Vertrag.
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 2.3134.214.222.62 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Michail Gorbatschow: Wie es war. Berlin: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/10731-wie-es-war_12687, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 12687 Rezension drucken
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