/ 22.06.2013
Frank Uekötter
Am Ende der Gewissheiten. Die ökologische Frage im 21. Jahrhundert
Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2011; 301 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-593-39533-3Uekötter möchte gleich mit drei Ansichten aufräumen. Zum einen mit der, dass das grüne Denken in Deutschland eine soziale Bewegung aus den 80er-Jahren ist. Diese oftmals vertretene These lege ihr Hauptaugenmerk auf den medialen und organisatorischen Höhepunkt der Umweltbewegung. Sie vergesse dabei die Anstrengungen vieler Politiker, Techniker und Verwaltungsjuristen seit mehr als 60 Jahren und damit die lange und wichtige Vorgeschichte des grünen Denkens. Uekötter macht es sich daher zur Aufgabe, die Entwicklung der sozialen Bewegung zu rekonstruieren. Sein verfolgtes Ziel ist eine historische Aufklärung, die „Chancen für Veränderungen eröffnen [kann], indem sie unausgesprochene Grundlagen der gegenwärtigen Debatte einer kritischen Betrachtung zugänglich macht“ (31). Genau hier liegt die zweite Ansicht verborgen, die Uekötter revidieren möchte. Zwar ist das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit in aller Munde, allerdings lasse sich in gewisser Hinsicht eine Stagnation und Ratlosigkeit diagnostizieren: Die als unumstößlich geglaubten ökologischen Erkenntnisse (Waldsterben, prognostizierte Szenarien u. a.) können aus heutiger Sicht nicht mehr ohne Einschränkungen unterschrieben werden. Obgleich also kein Backlash wie in den USA unter George W. Bush beobachtet wird und Wahlerfolge sowie ökologische Bemühungen vorhanden sind, krankt die deutsche Umweltbewegung. Uekötter plädiert deshalb dafür, die grüne Idee zu reformieren. Dies gelinge zum einen dadurch, dass Kritik und Zweifel produktiv aufgenommen werden und zum anderen – und hier entfaltet sich die dritte zu revidierende Ansicht –, indem sich die Umweltbewegung nicht über langfristige Ziele definieren, sondern das Beschreiten von Entwicklungspfaden ins Zentrum rücken sollte. „Dann stellen sich nämlich ganz andere Fragen: Welche konkreten Möglichkeiten gibt es in der Gegenwart, welche Potentiale bergen sie für den Klimaschutz innerhalb der nächsten Jahre, und was kann man tun, um diese Entwicklungen zu forcieren und zu steuern?“ (34) An die Stelle von „langfristiger Masterplanung tritt die Wiederentdeckung politischer Gestaltbarkeit im Hier und Jetzt“ (34) – ein Vorschlag, der die Grenzen der Gewissheiten offenbart, nicht mehr von eindeutig richtigen und falschen Zielen ausgeht und gerade deshalb eine Option für die ökologische Bewegung des 21. Jahrhunderts sein könnte.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.331 | 2.341
Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Frank Uekötter: Am Ende der Gewissheiten. Frankfurt a. M./New York: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34279-am-ende-der-gewissheiten_41142, veröffentlicht am 06.10.2011.
Buch-Nr.: 41142
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M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
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