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/ 22.06.2013
Robert Castel

Die Krise der Arbeit. Neue Unsicherheiten und die Zukunft des Individuums. Aus dem Französischen von Thomas Laugstien

Hamburg: Hamburger Edition 2011; 383 S.; 32,- €; ISBN 978-3-86854-228-8
Robert Castel, Forschungsdirektor an der Pariser École des hautes études en sciences sociales, legte 1995 eine breit rezipierte Studie über „Die Metamorphosen der sozialen Frage“ (siehe Buch-Nr. 34151) vor. Der seit den 70er-Jahren einsetzende Systemwandel des Kapitalismus – so die Diagnose – erzeuge innerhalb der Arbeitsgesellschaft immer größere Zonen lediglich prekärer Beschäftigung – mit weitreichenden Folgen für den sozialen Zusammenhalt. Mit dieser Publikation führt Castel diese Fragestellungen aktualisierend weiter; abgesehen von Einleitung und Schluss beruht der Band auf überarbeiteten Texten aus den Jahren 1995 bis 2008. Verglichen mit der Situation der 90er-Jahre hat die Erosion der Arbeitsgesellschaft an Dynamik und Schärfe gewonnen. Das sich mehr und mehr durchsetzende Regime des postindustriellen Kapitalismus – so die zentrale These – „wird von einer durchgängigen Entkollektivierungs– oder Reindividualisierungstendenz beherrscht“ (18). Damit werden einerseits die sozial-, arbeits- und tarifrechtlichen Sicherheiten des Industriekapitalismus ausgehöhlt, andererseits etliche Gruppen – wie Langzeitarbeitslose, arbeitssuchende Jugendliche, ethnische Minderheiten – marginalisiert. Castel untersucht diese Tendenz prägnant an drei Themenfeldern: Deregulierung der Arbeitsverhältnisse, Umbau der Sozialsysteme, Formen der Desintegration. Im abschließenden Teil entwirft er eine kritische „Genealogie des hypermodernen Individuums“ (327 ff.): Auf der einen Seite hat die kapitalistische Moderne „Individuen im Übermaß“ hervorgebracht, die sich von keinen gesellschaftlichen Verpflichtungen gebunden fühlen, auf der anderen Seite aber „bloße Individuen“, die aus Mangel an Ressourcen ihre individuelle Freiheit nicht wahrnehmen können. Angesichts dieser Entwicklungen dürfte heute die größte Aufgabe darin bestehen, „die sich mehr und mehr in der Form deregulierter Individualisierung entwickelnden Lagen zu rekollektivieren“ (304).
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2622.222.61 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Robert Castel: Die Krise der Arbeit. Hamburg: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33783-die-krise-der-arbeit_40467, veröffentlicht am 23.06.2011. Buch-Nr.: 40467 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
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