/ 22.06.2013
Astrid Freudenstein
Die Machtphysikerin gegen den Medienkanzler. Der Gender-Aspekt in der Wahlkampfberichterstattung über Angela Merkel und Gerhard Schröder
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2010 (Aktuelle Probleme moderner Gesellschaften 3); 244 S.; 39,80 €; ISBN 978-3-631-59654-8Diss. Vechta. – Die Bundestagswahl im September 2005 sei in mehrfacher Hinsicht ein Ausnahmefall gewesen, hält die Autorin einleitend fest, um vor jeglicher Monokausalität bei der Bewertung dessen, was den Wahlausgang beeinflusst habe, zu warnen. Doch es war „der erste Wahlkampf auf Bundesebene, in dem es auch um Rollenbilder und Lebensformen, um Rock oder Hose ging“ (8), schreibt sie weiter und fragt, welche Rolle der Gender-Aspekt im Wahlkampf spielte. Freudenstein beschreibt zunächst die Zusammenhänge zwischen Gender, Politik, Medien und Macht einerseits, zwischen Öffentlichkeit und Privatheit andererseits. Außerdem werden die neueren Erkenntnisse der Wahlkampfforschung skizziert. Im Mittelpunkt steht die Analyse der medialen Rezeption von Gerhard Schröder und Angela Merkel. Freudenstein hat die Berichterstattung der vier überregionalen Tageszeitungen Die Welt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau und Süddeutsche Zeitung hinsichtlich formaler und inhaltlicher Aspekte danach ausgewertet, inwieweit die unterschiedliche Geschlechterzugehörigkeit von Merkel und Schröder eine geschlechtsstereotypische Berichterstattung zur Folge hatte. Wichtige Kriterien waren u. a. die Wahrnehmung der politischen Kompetenzen, die Zuschreibung von Charaktereigenschaften, die Darstellung von äußerer Erscheinung und Auftreten beider Kandidaten sowie das thematische Umfeld, in das Merkel und Schröder in den Beiträgen platziert wurden. Die Untersuchung zeigt, dass der Herausforderin insgesamt eine größere Aufmerksamkeit zuteil wurde. Ungeachtet der gehobenen Qualität der Tageszeitungen nahmen Einlassungen über das Aussehen und Auftreten der Kandidaten breiten Raum ein, womit die These eines höheren Attraktivitätsdrucks von Frauen klar bestätigt wird. Widerlegt wird hingegen die These, dass Frauen weniger kompetent, rational oder führungsstark dargestellt werden, in diesen Punkten schnitt Merkel deutlich besser ab als Schröder. Im Ergebnis kann die Autorin keine vom Geschlecht unabhängige Gleichbehandlung der Kandidaten ausmachen. „Der Maßstab, an dem sowohl Merkel als auch Schröder gemessen wurden, war ein rein männlicher.“ Damit wird auch für Merkel das für Frauen in Führungspositionen häufig bestehende Dilemma offenbar, männlichen Bewertungsmaßstäben standhalten zu müssen und zugleich Gefahr zu laufen, dann „als unweiblich zu gelten“ (219).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.333 | 2.332 | 2.331 | 2.36
Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Astrid Freudenstein: Die Machtphysikerin gegen den Medienkanzler. Frankfurt a. M. u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/32666-die-machtphysikerin-gegen-den-medienkanzler_39000, veröffentlicht am 03.11.2010.
Buch-Nr.: 39000
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