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/ 10.03.2016
Birgit Metzger

"Erst stirbt der Wald, dann du!" Das Waldsterben als westdeutsches Politikum (1978-1986)

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2015; 665 S.; 45,- €; ISBN 978-3-593-50092-8
Diss. Freiburg. – Die westdeutsche Debatte über das Waldsterben zählte zwischen den späten 1970er‑ und frühen 1980er‑Jahren zu den wirkmächtigsten Diskussionen der Bundesrepublik und beeinflusst die umweltpolitische Auseinandersetzung bis heute. Die Autorin macht diesen umfassenden und äußerst komplexen umwelt‑ und gesellschaftspolitischen Diskurs nun im Rahmen einer empirischen Rekonstruktion als westdeutsches Politikum zugänglich. Das Ziel der Untersuchung ist, den Waldsterbensdiskurs in Verlauf und Auswirkung als eine der „intensivsten Umweltdebatten in Westdeutschland“ (15) darzustellen, zu analysieren und damit einen Beitrag zur allgemeinen Zeitgeschichte der Bundesrepublik zu leisten. Besondere Relevanz gewinnt die Arbeit durch ihren Fokus auf die Frage, inwieweit diese Debatte zum Verständnis moderner Umweltprobleme beitragen kann. Mit Blick auf den Klimawandel soll die Geschichte des Waldsterbens damit auch als Teil der „Problemgeschichte der Gegenwart verstanden werden“, da sich hier die „Entstehungsbedingungen der umweltpolitischen Gegenwart“ (605) aufdecken lassen. Ausgehend von einem sich wandelnden Verständnis ökologischer Probleme beschreibt die Autorin die erste wissenschaftliche Problemwahrnehmung sowie die anschließende „Entdeckung“ (135 ff.) des Waldsterbens in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit ab 1979. Daran anknüpfend erfolgt die Rekonstruktion der eigentlichen Debatte zwischen 1981 und 1983, in der das Waldsterben eine deutliche Medialisierung und Politisierung erfuhr. Diese Debatte entfaltete bis 1986 eine Reihe von umwelt‑, gesellschafts‑ und parteipolitischen Konsequenzen, an deren Ende nicht nur eine verbesserte Luftreinhaltungspolitik steht, sondern auch die Etablierung der Grünen als politische Kraft in der Bundesrepublik. Insgesamt sorgte die Debatte bis zu ihrem langsamen Abklingen ab 1986 für eine gesteigerte ökologische Sensibilität und eine Konsolidierung der westdeutschen Umweltpolitik. Die empirische Rekonstruktion wird hierbei mit punktuellen Analysen zur wissenschaftlichen Problemwahrnehmung, zum Verhältnis von Expertise und Politik sowie zu Medialisierung und Politisierung verwoben, wodurch es der Autorin gelingt, dem Gegenstand in seiner gesamten Komplexität gerecht zu werden. Die Arbeit ist im Rahmen eines DFG‑Forschungsprojektes entstanden.
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Rubrizierung: 2.3132.3412.333 Empfohlene Zitierweise: Martin Repohl, Rezension zu: Birgit Metzger: "Erst stirbt der Wald, dann du!" Frankfurt a. M./New York: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39503-erst-stirbt-der-wald-dann-du_47058, veröffentlicht am 10.03.2016. Buch-Nr.: 47058 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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