/ 21.06.2013
Pascal Eitler
"Gott ist tot – Gott ist rot" Max Horkheimer und die Politisierung der Religion um 1968
Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2009 (Historische Politikforschung 17); 400 S.; kart., 39,90 €; ISBN 978-3-593-38868-7Geschichtswiss. Diss. Bielefeld; Gutachter: H.-G. Haupt, U. Frevert. – Vollzog Max Horkheimer in seinem Spätwerk eine „religiöse Wende“ ( 22)? Oder anders gefragt: konvertierte er Mitte der 60er-Jahre von einem atheistischen Marxisten zu einem die Transzendenz bejahenden Nicht-Marxisten und war damit ein exponiertes Beispiel der um 1968 sich entwickelnden Politisierung der Religion? Diesen Fragen geht Eitler in seiner Rekonstruktion und Analyse der vermeintlichen „Wende“ Horkheimers nach. Eitler wählte Horkheimer als führenden Kopf der Frankfurter Schule beispielhaft für die studentische politische Auseinandersetzung aus. Zudem entspann sich eine lebhafte Debatte innerhalb der Philosophie um diese religiöse Wende Horkheimers und seine Bewertung für das Gesamtwerk. Die Rezeption der „Konversion“ zeichnet Eitler im zweiten Hauptkapitel nach. Im ersten Teil stellt er kurz das Früh- und Spätwerk Horkheimers dar und beschreibt, wie sich der Religionsbegriff des Philosophen ab den 60er-Jahren wandelte. Methodisch weist Eitler dies anhand einer Semantikanalyse nach, indem er den Schwerpunkt auf die Begriffe Praxis vs. Theorie, Revolution vs. Reform und Veränderung vs. Bewahren legt, ein dialektisches Verständnis jedoch abweist. Für Horkheimer sei Gott weder tot noch rot. Da kein tief reichender Bruch in dessen Werk stattgefunden habe, kann Eitler keine abschließende, eindeutige Aussage zur religiösen Wende Horkheimers treffen. Den Begriff der Konversion lehnt er für das Werk Horkheimers ab. Im dritten Hauptkapitel der Arbeit diskutiert Eitler den historischen Kontext der neu politisierten Religion, indem er die Transformation hin zu einem neuen Verhältnis zwischen Politik und Religion, Theologie und Politik konstruiert. Horkheimer ist demnach sowohl ein exemplarisches als auch schwieriges Beispiel dieses neuen Verhältnisses, welches, wie Eitler fordert, innerhalb der Kirchengeschichte, verstärkt diskutiert werden sollte. Eine Bezugnahme zur philosophischen und ideengeschichtlichen Rezeption Horkheimers kann in diesem Zusammenhang fruchtbar sein.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.313 | 2.331 | 2.35
Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Pascal Eitler: "Gott ist tot – Gott ist rot" Frankfurt a. M./New York: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/31059-gott-ist-tot--gott-ist-rot_36929, veröffentlicht am 15.09.2009.
Buch-Nr.: 36929
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Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
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