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/ 11.06.2013
Peer Egtved

Multikulturell oder liberal? Die Politik und die Zuwanderung im deutsch-britischen Vergleich

Opladen: Leske + Budrich 2002 (Forschung Politikwissenschaft 147); 395 S.; kart., 39,90 €; ISBN 3-8100-3342-1
Politikwiss. Diss. Oldenburg; Gutachter: W. Rudzio, K.-H. Nassmacher. - Die Leitfäden der Untersuchung sind die folgenden Fragen: "Mit welchen politischen Konzepten reagiert die deutsche und die britische Politik auf die Migrationsherausforderung, wie sehen die bisherigen und künftigen gesellschaftlichen und politischen Folgen der Zuwanderung aus?" (18) (Tatsächlich wäre die umgekehrte Reihenfolge der Fragen sinnvoller.) Die Antworten auf diese Fragen möchte der Autor anhand der begrifflichen "Dreiteilung (1) Assimilierung, (2) Integration, (3) die multikulturelle Gesellschaft" (37) strukturieren. (Sollte man nicht entweder nur Prozess- oder nur Ergebnisbegriffe verwenden statt einer Mischung?) Außerdem sollen die Untersuchungsgegenstände ein Licht auf die Diskussion um ethnische Gruppenrechte werfen. Um dahin zu gelangen, stellen die Kapitel 3 und 4 die Zuwanderung in die beiden Länder dar (wobei ein uneinheitlicher Zeitrahmen stört). Das 5. Kapitel zeichnet die sozialstrukturelle Distanz zwischen den Einwanderern und den Einheimischen nach. Das 6. Kapitel kündigt an, den Effekt von Antidiskriminierungsgesetzen an den Erfahrungen in Großbritannien nachzuvollziehen, liefert indes hauptsächlich eine Auseinandersetzung mit der entsprechenden Diskussion in Deutschland. Nachdem im nächsten Kapitel die rechtliche Regelung der Staatsangehörigkeit in den beiden Ländern ausgebreitet wird, konfrontiert das 8. Kapitel den Leser mit dem Thema Innere Sicherheit. Die Kapitel 9 und 10 untersuchen dann recht ausführlich das Wahlverhalten der Einheimischen (in Reaktion auf die Zuwanderung) sowie das der Einwanderer. Das letzte Kapitel versucht das Erarbeitete für die Gruppenrechtsdiskussion fruchtbar zu machen. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass sich die Instrumente der positiven Diskriminierung zwar für den Aufbau einer multikulturellen Gesellschaft eignen, nicht aber für den Erfolg einer Gesellschaft beziehungsweise der eingewanderten Individuen in einer Gesellschaft, im Gegenteil. Reduktionismus beweist der Wissenschaftler, wenn er vor Armutszuwanderern warnt, weil diese "keine gesellschaftlich nutzbare Humankapitalakkumulation vorweisen können" (343). Noch mindestens ein weiteres bemerkenswertes Argument bringt der Autor gegen zu viel Einwanderung vor: Durch die dominant linke Ausrichtung der Einwanderer ist über das Parteiengleichgewicht die Demokratie gefährdet: "Es ist unnötig zu erwähnen, daß [...] gerade der politische Wechsel für eine Demokratie kennzeichnend ist" (350). Neben den bereits angedeuteten Problemen bei der Struktur der Arbeit fallen Nachlässigkeiten im Einzelnen auf. So wird die Rechtfertigung der Wahl der beiden Länder zur Hälfte mit der Frage geliefert, "welches westliche Land sich zum Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland eignet" (19); oder, sachlich wichtiger, der Autor folgt seiner eigenen Unterscheidung zwischen Ein- und Zuwanderern bereits nach drei Zeilen nicht mehr (51) - um zwei willkürlich ausgewählte Beispiele genannt zu haben.
Guido Koch (GK)
Dr., Politikwissenschaftler, Qualitätsmanagment, GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften.
Rubrizierung: 2.232.352.61 Empfohlene Zitierweise: Guido Koch, Rezension zu: Peer Egtved: Multikulturell oder liberal? Opladen: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/9410-multikulturell-oder-liberal_19083, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19083 Rezension drucken
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