/ 05.06.2013
Sabine Reiner
Was ist politisch an der Politischen Ökonomie? Joan Robinsons Beiträge zur Politisierung der ökonomischen Theorie
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1998 (Nomos Universitätsschriften: Politik 81); 300 S.; brosch., 79,- DM; ISBN 3-7890-5440-2Politikwiss. Diss. Marburg; Gutachter: G. Fülberth. - Das Ziel der Arbeit ist es, am Beispiel des Werks der Linkskeynesianerin (9) Robinson das Verhältnis von Politik und Ökonomie zu bestimmen. Zu diesem Zweck gibt die Autorin eine umfassende Darstellung und Analyse der Themenschwerpunkte Robinsons und untersucht insbesondere die politische Dimension ihrer Arbeiten (11). Robinson stand in der Tradition von Keynes und wollte wie er die Verselbständigung der Ökonomie und deren Abkoppelung von der Politik aufheben. Ihr Werk wird von Reiner in vier Phasen unterteilt, denen jeweils ein Kapitel gewidmet ist: In der ersten Phase (Anfang der Dreißigerjahre) verfasst Robinson ihre "Theory of Imperfect Competition". Die zweite Phase (1936 bis Ende der Vierziger) steht ganz unter dem Einfluss von Keynes' "General Theory of Unemployment, Interest and Money", die sie weiterentwickelt und popularisiert. In der dritten Phase (Fünfziger- und Sechzigerjahre) wendet sie sich verstärkt der ökonomischen Theoriebildung zu und setzt sich kritisch mit der neoklassischen und der postkeynesianischen Theorie auseinander. In der vierten Phase schließlich (Siebzigerjahre bis zu ihrem Tod 1983) analysiert sie die Krise der wirtschaftlichen Entwicklung und der ökonomischen Theorie; diese Phase ist vor allem von einer tiefen Skepsis gegenüber den Möglichkeiten einer theoretischen Durchdringung ökonomischer Zusammenhänge geprägt.
Robinson geht von der These "der inhärenten Instabilität kapitalistischer Entwicklung" aus (9). Darin stimmt sie mit Keynes überein, doch sie kritisiert an ihm sein Schwanken zwischen einer pro- und einer anti-kapitalistischen Haltung (283). Sie selbst ist demgegenüber antikapitalistisch; doch es wird, so Reiner, nicht deutlich, wofür sie stattdessen steht: Denn auch wenn sie für die staatliche Wirtschaftslenkung der sozialistischen Länder eine gewisse Sympathie hegt, sieht sie doch deren Unzulänglichkeiten und setzt sich kritisch mit der Theorie von Marx auseinander. Ihre Schlussfolgerung wenige Monate vor ihrem Tod lautete: "I spent my life in economic theory and it has come to pieces in my hands" (270, Anm. 65). - Die Arbeit gibt einen sehr guten Einblick in Robinsons Werk und ihren Versuch, im Sinne von Keynes Möglichkeiten für die politische Gestaltung der Ökonomie zu formulieren. Doch die angekündigte Bestimmung des Verhältnisses von Politik und Ökonomie beschränkt sich am Ende auf die Forderung, dass die Ökonomie in die Gesellschaftstheorie zurückgeführt werden müsse (284); wie dies geschehen kann, ist angesichts des Scheiterns (279) von Robinson aus ihren theoretischen Ansätzen nicht zu entnehmen.
Hendrik Hansen (HH)
Dr., Lehrbeauftragter, Politische Theorie und Ideengeschichte, Universität Passau.
Rubrizierung: 5.45
Empfohlene Zitierweise: Hendrik Hansen, Rezension zu: Sabine Reiner: Was ist politisch an der Politischen Ökonomie? Baden-Baden: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/8325-was-ist-politisch-an-der-politischen-oekonomie_10977, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 10977
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Dr., Lehrbeauftragter, Politische Theorie und Ideengeschichte, Universität Passau.
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