/ 17.06.2013

Evelyn Roll
Das Mädchen und die Macht. Angela Merkels demokratischer Aufbruch
Berlin: Rowohlt 2001; 304 S.; 19,90 €; ISBN 3-87134-429-XDie Redakteurin der Süddeutschen Zeitung hat sich der CDU-Parteivorsitzenden angenommen und stellt sie dabei als "Musterschülerin des vereinigten demokratischen Deutschlands" (45) dar, die von Kindheit an durch die so verschieden anmutenden und oftmals rasch wechselnden Stationen ihres Lebens und ihrer Karriere immer wieder nach einem Muster verfahren sei: "Sie ist immer schon von draußen gekommen, aus einer anderen Welt. Und immer schon musste sie deswegen die Beste sein. Auf der anderen Seite [...] lebten Menschen, die sich für modern und fortschrittlich hielten, für klüger sowieso. Also galt es, die Regeln dieser Menschen zu analysieren und zu durchschauen, ihnen nicht zu verraten, was man sonst noch alles wusste, und: besser zu sein als alle anderen." (11) Das Buch geht nicht strikt chronologisch vor, sondern verfolgt ausgehend von Gesprächen mit oder Momentaufnahmen von Merkel durch Rückblenden sowie die genaue Beobachtung von Sprache und Gestus der CDU-Parteichefin einen "roten Faden" in ihrer Biografie. Zugleich gibt es Auskunft über einige Mechanismen der Macht in Berlin, nähert sich dem Führungsstil Merkels, relativiert und bestätigt das Bild vom "Girlscamp" (156) der Parteivorsitzenden und kehrt nicht selten zu Urteilen wie dem des CSU-Generalsekretärs Goppel zurück, der - gefragt, ob er Frau Merkel die ausgeübte Härte bei der Auswechslung ihres Generalsekretärs zugetraut habe - sagte: "Frau Merkel trau ich alles zu." (159) Am Beispiel Merkels kann man nach Roll zweierlei lernen: "Das, was Politik eigentlich braucht, um wieder Zustimmung bei den Wählern und vor allem bei der Jugend zu bekommen: authentische, unverbogene, engagierte Politiker, die in ihrem Leben auch schon was anderes gemacht haben als Politik. Und das, was die Macht aus den Menschen macht. Und wie viel leichter und sicherer es ist, sich in einem System anzupassen und so zu werden wie alle anderen, als das System zu reparieren." (296) Wenn Roll schon die Kanzlerkandidatur Merkels im Jahre 2002 als wesentlichen Prüfstein ihrer weiteren Karriere ansieht, so gilt auch nach der Wahl der Hinweis auf eine gefährliche Unterschätzung der Politikerin, die sie mit einem treffenden Zitat Klaus Drehers über den gleichermaßen "unterschätzten", jungen Helmut Kohl illustriert.
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 2.3 | 2.331
Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Evelyn Roll: Das Mädchen und die Macht. Berlin: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/15430-das-maedchen-und-die-macht_17571, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 17571
Rezension drucken
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
CC-BY-NC-SA