Diss. Bonn. - Der Autor geht von der These aus, daß im Laufe von vierzig Jahren Trennung die anfangs selbstverständliche Befürwortung der Wiedervereinigung stetig abgenommen habe und es Ende der achtziger Jahre in weiten Kreisen als abwegig gegolten habe, die Teilung abzulehnen und die Wiedervereinigung überhaupt noch zu wollen (352). Im Hauptteil der gründlichen und materialreichen Untersuchung werden die Argumente der Kritiker am Wiedervereinigungsgebot eingehend untersucht und zuweilen scharf kritisiert. Diese rückschauende Analyse, wissend, daß die Einheit möglich wurde und wie sie zustande kam, hat zweifellos ihren Reiz und fördert bedenkenswerte Einsichten hervor. Gleichwohl liegt darin ein methodisches Problem, das der Autor nicht erwogen hat. Jede Kritik am Auftrag des Grundgesetzes, auf die Einheit hinzuwirken, erscheint nach der gelungenen Herstellung der Einheit als fehlerhafte Analyse und nicht mehr als alternative Lösung für ein politisches Problem. Schon aus damaliger Sicht sprachen die besseren politischen Argumente für das Festhalten am Einheitsgebot des Grundgesetzes. Aber im Nachhinein ist es natürlich ein Leichtes, diese Überlegungen vor dem Spiegel nachträglichen Wissens bloßzustellen, und es lädt ein, offene politische Rechnungen zu begleichen. Die faktischen Ereignisse 1989/90 suggerieren eine Rationalität und Zwangsläufigkeit der Entwicklung, die den Blick dafür verstellen, daß alles auch hätte anders kommen können. Die Rückwirkungen dieser prinzipiellen Offenheit der geschichtlichen Entwicklung auf seine Analyse und mehr noch auf die Bewertung der Kritik des Einheitsgebots scheint der Autor als methodisches Problem seiner insgesamt sehr beachtenswerten Arbeit nicht erwogen zu haben.