Der freie Medienjournalist Gehrs, der von 1999 bis 2001 Wirtschaftsredakteur im Berliner Büro des „Spiegels“ war, berichtet unverhohlen parteiisch und legt eine kritische sowie leicht lesbare Biografie des „Spiegel“-Chefredakteurs Stefan Aust vor. Der Titel spielt auf Austs Buch „Der Baader Meinhof Komplex“ an. Jedoch gestattet der Autor weniger Einblicke in das Innenleben des Nachrichtenmagazins, sondern verfolgt hauptsächlich den journalistischen Weg Austs von der Schülerzeitung „Wir“ über das linke Magazin „Konkret“, die Sexpostille „St. Pauli Nachrichten“ sowie die Fernsehmagazine „Panorama“ und „Spiegel-TV“ bis hin zur Chefredaktion des Hamburger Nachrichtenmagazins. Parallel zu Austs Karriere skizziert Gehrs einige Etappen bundesdeutscher Geschichte, wie etwa die der Achtundsechziger-Studentenrevolte, der RAF oder der Brokdorf-Demonstrationen, deren Bild Aust publizistisch begleitete und als sympathisierender Chronist mitprägte. Gehrs beschreibt Aust anekdotenreich als erfolgreichen wie umtriebigen Rechercheur, als unpolitischen und eitlen Machtmenschen mit einem Faible für „Kleine-Jungs-Geschichten“ (196), als Beispiel führt er die jahrelange „Spiegel“-Suche nach dem Bernsteinzimmer an. Erst im letzten Drittel des Buches thematisiert Gehrs die „Spiegel“-Maschinerie und die aktuellen Machtkämpfe darin. Er beklagt nachdrücklich, wie sich persönliche Interessen Austs und dessen Nähe zu Wirtschaftskonzernen bisweilen in den Artikeln des Magazins widerspiegeln würden, was – gepaart mit dem autokratischen Führungsstil von Aust - einige renommierte Mitarbeiter aus einem politisch zahm gewordenen „Spiegel“ getrieben hätte.