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/ 03.06.2013
Stefan Lemke

Die Auswirkungen eines Selbstauflösungsrechts des Bundestages im Machtgefüge des Regierungssystems der Bundesrepublik Deutschland

Politikwiss. Magisterarb. Kiel: OHNE 1995; 100 S.; ISBN OHNE
Erstgutachter: W. Kaltefleiter. Standort: Universitätsbibliothek Kiel (Fernleihe möglich). Kopie zum Preis von 29,- DM (einschl. Versand) erhältlich bei: Stefan Lemke, Weißenburgstr. 48, 24116 Kiel. Über ein Selbstauflösungsrecht verfügt der Bundestag trotz vieler Diskussionen und konkreter Reformvorhaben immer noch nicht, obwohl es inzwischen sogar in allen Landesverfassungen vorgesehen ist. Viele Befürworter betrachten es vor dem Hintergrund einer erschwerten Mehrheitsbildung als das zeitgemäße Konfliktlösungsmittel in der Hand eines souveränen Parlaments. Andere wünschen es sich als Legitimationsinstrument oder wollen mit ihm Ersatzplebiszite durchführen. Kann ein Selbstauflösungsrecht diese Funktionen wirklich erfüllen oder sind mit ihm auch Risiken verbunden? Diese Arbeit basiert 1. auf einer Bestandsaufnahme der bestehenden und potentiell kollidierenden Vertrauensregelungen auf Bundesebene (Art. 67, 68 GG), 2. auf einer vollständigen Analyse aller Selbstauflösungen in den Bundesländern bis 1994, insbesondere der im Saarland 1994 und 3. auf einer Auswertung der aktuellen Verfassungsreformprozesse im Bund (Gemeinsame Verfassungskommission) und in Schleswig-Holstein. Die Argumente pro und kontra lassen sich auf vier Argumentationsebenen einteilen: Auf der ersten Ebene offenbaren sich verschiedene Parlamentarismusschulen: Betrachtet die eine das Parlament als zweiten Souverän, dessen Kompetenzen gestärkt werden sollten, hält die andere dies für eine dysfunktionale Überhöhung, vom Verfasser "Parlamentarizismus" genannt. Zweitens ist bezüglich einer Plebiszitfunktion des Selbstauflösungsrechts zu fragen, ob so wirklich die politische Partizipation des Volkes gesteigert und "Politikverdrossenheit" gemildert werden kann. Auf der dritten Ebene wird untersucht, ob eine Selbstauflösung des Bundestages nach einem Regierungswechsel während der Legislaturperiode möglich sein sollte oder sogar zur Legitimation unbedingt notwendig ist, was Grundfragen der repräsentativen Demokratie berührt. Schließlich wird eingehend die Funktionalität eines Selbstauflösungsrechts als Mechanismus zur Krisenlösung untersucht. Sind bei den Regierungskrisen 1966, 1972 und 1982/83 die bestehenden Möglichkeiten nach Art. 67 und 68 GG zu Recht bemängelt worden? Wie hätte ein Selbstauflösungsrecht schon durch seine Existenz oder auch bei seiner Anwendung in diesen Krisensituationen gewirkt? Zudem werden mögliche zukünftige Krisenszenarien entworfen und diskutiert. Bei der separat thematisierten Ausgestaltung eines Selbstauflösungsrechts stehen Gefahren des Mißbrauchs und der Wahlmanipulation den Gesichtspunkten der Anwendbarkeit gegenüber. Ein Recht auf Selbstauflösung für den Bundestag wird abgelehnt. Erstens erweisen sich die mit ihm verbundenen, theoretisch begründeten Erwartungen als unberechtigt. Zweitens erscheint ein Selbstauflösungsrecht in Anbetracht der Funktionalität bestehender Krisenlösungsmechanismen während der hier thematisierten drei Regierungskrisen als überflüssig. Drittens zeigen die Erfahrungen aus den Bundesländern, daß die mit dem Selbstauflösungsrecht verbundenen Risiken (Wahlmanipulation, Krisenlösungsblockade, Verantwortungsflucht) real gegeben sind. Stefan Lemke
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Rubrizierung: 2.321 Empfohlene Zitierweise: , Rezension zu: Stefan Lemke: Die Auswirkungen eines Selbstauflösungsrechts des Bundestages im Machtgefüge des Regierungssystems der Bundesrepublik Deutschland Politikwiss. Magisterarb. Kiel: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/760-die-auswirkungen-eines-selbstaufloesungsrechts-des-bundestages-im-machtgefuege-des-regierungssystems-der-bundesrepublik-deutschland_611, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 611 Rezension drucken
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