/ 04.06.2013
Klaus Stüwe
Die Opposition im Bundestag und das Bundesverfassungsgericht. Das verfassungsgerichtliche Verfahren als Kontrollinstrument der parlamentarischen Minderheit
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1997 (Studien und Materialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit 70); 367 S.; brosch., 88,- DM; ISBN 3-7890-4877-1Dolf Sternberger schreibt der Opposition die Funktion der Alternative, Kritik und Kontrolle zu. Da in parlamentarischen Regierungssystemen Regierung und die sie stützende Mehrheit eine Funktions- und Aktionseinheit bilden, fällt natürlich der Opposition die Kontrolle besonders schwer. Im Bundesverfassungsgericht steht der Regierung aber ein konstitutionelles Gegengewicht gegenüber, das die Machtverteilung zwischen Regierung und Opposition beeinflußt, da die Opposition in die Lage versetzt ist, "das verfassungsgerichtliche Verfahren als Kontrollinstrument gegen die Regierung und die sie tragende Mehrheit einzusetzen" (17).
Stüwe untersucht daher "das Phänomen der Instrumentalisierung des Bundesverfassungsgerichts durch die Opposition" (19), die, da Kontrolle eine gemeinsame Funktion von Bundesverfassungsgericht und Opposition ist, sich "aus der institutionellen Logik des parlamentarischen Systems" ergebe. Die Verfassungsgerichtsbarkeit habe sogar zur Gewährleistung der kontrollierenden Tätigkeit der Opposition beigetragen. Aufgrund dieser Bedeutung fragt er, inwieweit die Opposition an der Bestellung der Richter beteiligt ist und diskutiert die verfassungsgerichtlichen Verfahrensarten, die von der Opposition gewählt werden können. Zu welchen Themen die Opposition das Gericht angerufen hat, wird untersucht und "auf dem Wege einer statistischen Bestandsaufnahme" nimmt der Autor eine empirische Überprüfung der "These von der Opposition als 'natürliche Antragstellerin'" vor (21). Als wichtigstes Ergebnis bleibt für ihn, daß diese Instrumentalisierung von Vorteil für die Sicherung der Verfassungsordnung ist.
Inhalt: 1. Opposition und Bundesverfassungsgericht als kontrollierende Kräfte im Gefüge der Staatsfunktionen: I. Die Opposition im Deutschen Bundestag: 1. Kontrolle als Funktion der Opposition: Das englische Vorbild; 2. Das Wesen parlamentarischer Opposition; 3. Funktionen der parlamentarischen Opposition; 4. Kontrollmöglichkeiten der Opposition im Deutschen Bundestag; 5. Die "Schwäche" der parlamentarischen Opposition. II. Das Bundesverfassungsgericht: 1. Kontrolle als Funktion der Verfassungsgerichtsbarkeit: Das amerikanische Vorbild; 2. Die Kontrollfunktion des Bundesverfassungsgerichts in der Konzeption des Verfassungsgebers und Gesetzgebers; 3. Die Kontrollfunktion des Bundesverfassungsgerichts; 4. Die "Stärke" des Bundesverfassungsgerichts. III. Das Bundesverfassungsgericht als Kontrollinstrument der Opposition. 2. Die Opposition als Adressat des Bundesverfassungsgerichts: I. Das Ignorieren der Opposition in der Verfassung und im Parlamentsrecht; II. Die Opposition in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht. 3. Das Bundesverfassungsgericht als Adressat der Opposition: I. Einfluß der Opposition auf Verfassung und Verfahren des Bundesverfassungsgerichts?: 1. Durch Änderung des Verfassungsrechts; 2. Durch Änderung einfachen Rechts; 3. Zusammenfassung. II. Die Opposition bei der Wahl der Verfassungsrichter: 1. Wahlverfahren; 2. Die Verfassungsrichterwahl in der politischen Praxis; 3. Kritik des Auswahlverfahrens. 4. Die Opposition als Initiator verfassungsgerichtlicher Verfahren: I. Antragsmöglichkeiten der Opposition: 1. Im Organstreit; 2. Abstrakte Normenkontrolle gemäß Art. 93 I Nr. 2 GG; 3. Andere Verfahrensarten; Exkurs: Einfluß der parlamentarischen Opposition auf Stellungnahmen des Bundestages vor dem Bundesverfassungsgericht. II. Vorwirkungen der Verfassungsgerichtsbarkeit: 1. Die Antizipation verfassungsgerichtlicher Kontrolle; 2. Der "Gang nach Karlsruhe" als Drohung. 5. Schwerpunkte verfassungspolitischer Aktivitäten der Opposition: I. Außenpolitik: 1. Petersberger Abkommen von 1949; 2. Kehler Hafenabkommen von 1951. II. Deutschlandpolitik: 1. Saarstatut; 2. Grundlagenvertrag. III. Verteidigungspolitik und Bundeswehr: 1. EVG-Vertrag; 2. Out-of-area-Einsätze der Bundeswehr. IV. Rechte parlamentarischer Minderheiten: 1. Redezeitbeschränkung im Bundestag; 2. Beteiligung der GRÜNEN an der Beratung der Haushaltstitel der Geheimdienste. V. Parteienfinanzierung: 1. Normenkontrollantrag der Landesregierung Hessen zur Parteienfinanzierung (1957); 2. Organklage der GRÜNEN zur Parteienfinanzierung (1989). VI. Andere Politikbereiche. 6. Oppositionsklagen vor dem Bundesverfassungsgericht. Eine Bestandsaufnahme: I. Der Anteil oppositioneller Verfahrensinitiativen an verfassungsgerichtlichen Verfahren: 1. Anteil der Oppositionsklagen an Verfahrensinitiativen; 2. Anteil der Oppositionsklagen an Organklagen von Parteien; 3. Anteil der Oppositionsklagen an Verfahrensinitiativen von Landesregierungen. II. Verteilung oppositioneller Verfahrensinitiativen nach Parteien: 1. Verfahrensinitiativen parlamentarischer Minderheiten; 2. Verfahrensinitiativen "oppositioneller" Landesregierungen. III. Der Erfolg der Oppositionsparteien vor dem Bundesverfassungsgericht: 1. Die Verfahrensinitiativen der SPD-Opposition; 2. Die Verfahrensinitiativen der CDU/CSU-Opposition; 3. Verfahrensinitiativen anderer Oppositionsparteien im Bundestag. IV. Der Erfolg oppositioneller Verfahrensinitiativen: 1. Verfahrensinitiativen der parlamentarischen Opposition; 2. Verfahrensinitiativen der "föderativen" Opposition.
Heinz-Werner Höffken (Hö)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Rubrizierung: 2.323 | 2.321
Empfohlene Zitierweise: Heinz-Werner Höffken, Rezension zu: Klaus Stüwe: Die Opposition im Bundestag und das Bundesverfassungsgericht. Baden-Baden: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5519-die-opposition-im-bundestag-und-das-bundesverfassungsgericht_7206, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 7206
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
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