Skip to main content
Rezension / 09.11.2020

Florian Böller et al. (Hrsg.): Donald Trump und die Politik in den USA. Eine Zwischenbilanz

Baden-Baden, Nomos 2020

Den Herausgebern geht es weniger um eine Annäherung an den 45. Präsidenten als „um eine Darstellung und Analyse der von ihm und seiner Administration verfolgten politischen Agenda, sowie den ihr zugrundeliegenden politischen(-ideologischen) und wirtschaftlichen Motiven und nicht zuletzt den Erfolgen und Niederlagen der amtierenden Administration.“ Ihr Fazit lautet, dass Trump nicht mit allen Traditionen gebrochen, sondern vorhandene gesellschaftliche Entwicklungen verstärkt, einiges unverändert gelassen und wenige Politikbereiche fundamental neu aufgesetzt hat.

Pünktlich zur Präsidentschafts- und Kongresswahl 2020 veröffentlicht Nomos den Sammelband „Donald Trump und die Politik in den USA“, der auf eine Summer School im Jahr 2018 zurückgeht. Sie wurde von der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, der Politikwissenschaft II der TU Kaiserslautern und dem Heidelberg Center for American Studies ausgerichtet. Dabei ging es den Herausgebern „nicht zuvorderst um eine Annäherung an den 45. Präsidenten selbst, sondern vielmehr um eine Darstellung und Analyse der von ihm und seiner Administration verfolgten politischen Agenda, sowie den ihr zugrundeliegenden politischen(-ideologischen) und wirtschaftlichen Motiven und nicht zuletzt den Erfolgen und Niederlagen der amtierenden Administration.“ Daher legen sie den Fokus auf die „institutionellen, strukturellen und gesellschaftlichen Bedingungen der Innen- wie auch der Außenpolitik der Trump-Administration.“ Sie identifizieren „über tagesaktuelle Ereignisse hinaus, langfristig wirksame Trends“ und richten „den Blick auf Ursachen und Dynamik des politischen Aushandlungsprozesses“ (10).

Damit erarbeiten sich die Autor*innen zwei Vorteile, die den Band von vergleichbaren Veröffentlichungen abheben: Erstens nehmen die teilweise irrlichternden Einzelbeiträge und / oder Tweets Donald Trumps nicht mehr Platz ein als unbedingt notwendig. Zwar finden sie Eingang in alle Beiträge des Bandes, im Fokus stehen aber tatsächlich wie dargestellt die Bedingungen, unter (und mit) denen Politik überhaupt gemacht werden kann. Damit gelingt den Autor*innen eine elegante Kontextualisierung und somit eine deutlich weniger aufgeregte Auseinandersetzung mit den eigentlichen Politikinhalten. Zweitens sind die Kontextfaktoren bemerkenswert kenntnisreich und auch breit gefächert ausgewählt.

Dabei werden – theoretisch fundiert – so unterschiedliche Themenbereiche wie die beiden großen Parteien, die Wandlungsprozesse im Mediensystem und die Auswirkungen der personellen Veränderungen im Supreme Court diskutiert. Die Autor*innen beleuchten aber auch Themenkomplexe aus den internationalen Beziehungen, beispielsweise die Antiterrorpolitik und die Politik der Trump-Administration gegenüber der NATO. Dabei treten sehr unterschiedliche Ergebnisse zutage. Während etwa die umgesetzte Steuerreform als durchaus erfolgreich bewertet werden kann, finden sich auch erschütternde Schlussfolgerungen: „In den ersten zwei Jahren von Donald Trumps Amtszeit wurde die Klimaschutzpolitik auf nationalstaatlicher Ebene gänzlich eingestellt (Policy Breakdown)“ (227). Derartige mittelfristige Politikanalysen werden aber leider viel zu oft von Trumps nächstem Tweet oder ‚Skandal‘ übertönt.

Umso wichtiger sind fundierte Auseinandersetzungen wie dieser Band. Er ist mit insgesamt 19 Beiträgen sehr umfangreich, vermittelt dadurch aber auch ein wirklich umfassendes Bild der Faktoren, die Politik in den Vereinigten Staaten maßgeblich prägen. Als mögliche Ergänzung hätte eventuell noch ein Beitrag gepasst, der sich mit dem kulturellen und historisch gewachsenen Status des Präsidentenamtes als solchem auseinandersetzt. Gleichwohl fällt das kaum ins Gewicht, die Beiträge sind klug geschrieben und vermitteln auf sehr dichte Art und Weise viele Informationen.

Welches Fazit ziehen die Autor*innen der ersten beiden Jahre der Trump-Administration? Insgesamt fällt das Urteil sehr ambivalent aus. Trumps oft schriller Rhetorik, seinen beleidigenden Tweets und oft rassistischen Ausbrüchen steht eine an vielen Stellen fast alltägliche politische Agenda ohne viele Höhe-, dafür aber mit einigen Tiefpunkten gegenüber. Entgegen der ersten Erwartungen der Presse, seiner Wähler*innen und auch vieler internationaler Beobachter*innen, hat Trump nicht mit allen Traditionen gebrochen. Stattdessen hat er manche vorhandenen gesellschaftlichen Entwicklungen verstärkt, einiges unverändert gelassen und wenige Politikbereiche fundamental neu aufgesetzt.

Die Autor*innen des Bandes benennen fünf Trends, welche die Politik in den USA rahmen: „Erkennbar ist das fast vollständige Fehlen substanzieller Politikmaßnahmen, langfristiger Strategien und verbindlicher Gesetzgebung. […] Ansonsten zeichnet sich Trumps transaktionaler und auf kurzfristige Gewinne ausgerichteter Politikstil vor allem durch ad-hoc verabschiedete Exekutivanordnungen aus“ (13). Zweitens schädige dieses kurzfristige Handeln das Vertrauen in die USA – sowohl von außen als auch dasjenige der Wählerinnen und Wähler. Drittens werde der Präsident nicht als alleinige Ursache, wohl aber als Symptom längerfristiger Trends wie zum Beispiel der parteipolitischen Polarisierung verstanden. Diese Art der Politik generiere viertens Widerstand beim politischen Gegner, fünftens werden sich diese Trends auch bis zur Wahl im Jahr 2020 nicht abschwächen. Somit bleibe abzuwarten, ob Trumps Tabubrüche und seine Versuche, andere Institutionen aktiv zu diskreditieren, „der Demokratie in den USA nachhaltigen Schaden zufügen“ (15).

CC-BY-NC-SA
Neueste Beiträge aus
Außen- und Sicherheitspolitik

Rezension


{Bid=41158}„Wie hat die Präsidentschaft von Donald Trump Amerika, die Amerikaner und die Position ihres Landes in der Welt verändert?“, lautet eine der zentralen Fragen Elmar Theveßens, des Leiters des ZDF-Studios in Washington. Die Folgen der Trump-Präsidentschaft, unabhängig davon, ob sie vier oder acht Jahre dauern werde, seien mit dem Ausscheiden Donald Trumps aus dem Weißen Haus nicht behoben, vielmehr werde diese Präsidentschaft, und mehr noch: die Art und Weise, wie Trump das Amt des Präsidenten interpretiert hat, amerikanische Politik für viele Jahre prägen.
weiterlesen

 


zum Thema
Donald Trump und die Polarisierten Staaten von Amerika