/ 20.06.2013
Ralph Piotrowski
Sprache und Außenpolitik. Der deutsche und US-amerikanische Diskurs zur Anerkennung Kroatiens
Osnabrück: Der Andere Verlag 2004; 307 S.; kart., 35,90 €; ISBN 3-89959-160-7Politikwiss. Diss. - Piotrowski untersucht das Zusammenspiel von Sprachregeln und politischem Handeln am Beispiel der deutschen und US-amerikanischen Diskurse zur außenpolitischen Anerkennung Kroatiens in den frühen 90er-Jahren. In diesen Diskursen versuchte die deutsche Seite national und international eine diplomatische Akzeptanz für die Anerkennung Kroatiens zu erreichen. Die USA nahmen demgegenüber eine skeptische Haltung ein. Piotrowski wählt für seine Studie eine qualitativ-interpretative Untersuchungsmethode (Diskursanalyse u. a. nach Reiner Keller). Theoretisch liegt der Arbeit Richard Rortys Pragmatismusbegriff zugrunde: Es wird nicht nach dem Wesen der Dinge, sondern nach den Bedingungen, d. h. den Grundannahmen, normativen Vorstellungen und situativen Deutungen des Gesagten gesucht. Der analysierte Textkorpus besteht aus parlamentarischen Redeprotokollen, Protokollen von Ausschusssitzungen, Resolutionen, Presseerklärungen, Zeitungsartikeln und Interviews. Piotrowski stellt zunächst die Ereignisse, die Akteure und die institutionellen Rahmenbedingungen dar. In der anschließenden Textanalyse werden die jeweiligen Deutungen der Situation, die Rechtfertigungen innerhalb des Diskurses und alternative Sichtweisen betrachtet. Das überzeugende Resümee der Studie lautet, dass im deutschen Diskurs die Deutung des Konflikts als Angriffskrieg etabliert und international die Anerkennung Kroatiens als die notwendige Voraussetzung für die Befriedung der Region angesehen wurde. Demgegenüber stand die Sichtweise der US-Regierung, dass es sich bei den Vorkommnissen in Jugoslawien um einen „Nationalitätenkonflikt“ handele, der nur „intern“ zu lösen sei. Schließlich, so der Autor, war die Macht der Deutung des Konflikts als Kampf um das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes (der Kroaten) so groß, dass sich die US-Regierung der Politik der Bundesrepublik (und anderer europäischer Regierungen) beugen musste.
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 4.41 | 2.62 | 4.21 | 4.22 | 2.333 | 2.22 | 2.24 | 2.64
Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Ralph Piotrowski: Sprache und Außenpolitik. Osnabrück: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/23155-sprache-und-aussenpolitik_26508, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 26508
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Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
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