/ 22.06.2013
Wilhelm Hofmann (Hrsg.)
Stadt als Erfahrungsraum der Politik. Beiträge zur kulturellen Konstruktion urbaner Politik
Berlin: Lit 2011 (Studien zur visuellen Politik 7); 366 S.; 34,90 €; ISBN 978-3-643-10734-3Der Band enthält die Vorträge einer Tagung des Arbeitskreises Politik und Kultur der DVPW. Die mit Abbildungen, Tabellen und Graphiken reich illustrierten Beiträge eint die Suche nach den verschiedenen Darstellungsformen der Stadt als politischer Raum. Schon geradezu klassisch architekturtheoretisch reflektiert Klaus von Beyme im ersten Teil des Bandes die architektonische Repräsentation von Staatlichkeit im städtischen Raum. Gerade die Demokratie in ihrer zeitgenössischen Ausprägung habe es hinsichtlich ihrer Visualisierung und Repräsentation schwerer als etwa die absolutistische Monarchie, so von Beyme, weil sie „schnelllebiger“ (17) und also in ihrer Erscheinungsform wesentlich fluider sei. Wieso es dann in der gegenwärtigen Berliner Architektur, also am Sitz der Bundesregierung, „etwas elitärer zugehen“ (32) solle, wie von Beyme gegen Ende seines Textes fordert, erschließt sich angesichts des ohnedies schon schwierigen gesellschaftlichen Klimas, in dem heute demokratische Repräsentation stattfindet, nicht wirklich. Ein nicht minder klassisches Thema schneidet Andreas Pribersky an, wenn er über die „Planstadt als Politische Utopie im 20. Jahrhundert“ (116) reflektiert. In einer Zeit, in der die Zuerkennung von Planungsfähigkeit an die Politik weitgehend erodiert ist und in der Stadtplaner noch immer mit den städtebaulichen Altlasten der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts zu kämpfen haben, weil sich deren soziale Wirkung nicht in der gewünschten Weise entfaltet hat, scheint eine solche Themensetzung etwas deplatziert. Pribersky gelingt es jedoch, über eine ideengeschichtliche Rekonstruktion der idealen Stadt als komplementärem Entwurf zu einer ebenso idealen Gesellschaft deren gegenwartsdiagnostisches Potenzial zu enthüllen. Die Planstädte etwa des real existierenden Sozialismus mit ihrer Orientierung auf ein politisches und ein industrielles Zentrum hin weisen nämlich auch eine „ausgebaute Freizeit- und Konsuminfrastruktur“ (139) auf. Als zeitgenössisches Pendant hierzu identifiziert Pribersky die sogenannten Gated Communities. Ob diese Rückzugsräume einer in der Regel überaus wohlhabenden Oberschicht mit der Planungsutopie etwa eines Robert Owen oder Charles Fourier in Deckung zu bringen wären, das bliebe aber in der Tat zu diskutieren.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.21 | 2.325 | 2.333 | 2.35 | 2.61 | 2.64
Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Wilhelm Hofmann (Hrsg.): Stadt als Erfahrungsraum der Politik. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33921-stadt-als-erfahrungsraum-der-politik_40650, veröffentlicht am 23.06.2011.
Buch-Nr.: 40650
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Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
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