/ 11.06.2013

Duk-Yung Kim
Georg Simmel und Max Weber. Über zwei Entwicklungswege der Soziologie
Opladen: Leske + Budrich 2002; 665 S.; kart., 45,- €; ISBN 3-8100-2689-1Soziolog. Habilitationsschrift Kassel; Gutachter: J. Weiß, Chr. Oehler, K.-S. Rehberg. - Die Arbeit versteht sich als soziologiegeschichtliche Untersuchung. Wissenssoziologisch und ideengeschichtlich werden die formale Soziologie Simmels und die verstehende Soziologie Webers verglichen. In Abgrenzung von systematischen Vergleichen jedoch, die primär auf die Divergenzen oder Konvergenzen beider fokussieren, zielt der historische Ansatz Kims umfassender auf ein "angemessenes Verständnis der Soziologieentwicklung um die Jahrhundertwende" (26). Noch weiter ausgreifend, will Kim einen Beitrag zur Geistesgeschichte der Moderne insgesamt leisten - immerhin habe die Soziologie Simmels und Webers das Soziale als eine eigenständige Lebenssphäre der Moderne entdeckt und zum Gegenstand einer neuen Erkenntnisform der Moderne gemacht. Für den entsprechenden ideengeschichtlichen Hintergrund seien gerade Simmel und Weber als die beiden Gründerväter der deutschen Soziologie und als die "scharfsinnigsten, nüchternsten und differenziertesten Theoretiker der okzidentalen Moderne" (14) zu berücksichtigen - und zwar erstens noch vor Marx oder Durkheim und zweitens in dieser Reihenfolge. Entgegen den bisher primär aus der Weber'schen Perspektive geführten Vergleichen stellt Kim ein umgekehrt asymmetrisches Wechselwirkungsverhältnis von Simmel und Weber fest. Dabei greife allerdings die These zu kurz, Simmel und Weber seien streng genommen keine Zeitgenossen gewesen, denn die soziologischen Grundkategorien fänden sich - fast zeitgleich mit Simmel - auch bei Weber schon zu einer Zeit, als er noch nicht explizit den Terminus "Soziologie" verwendete. Der Unterschied zwischen beiden liege tiefer. Im Methodischen, in ihrem Wissenschaftsverständnis als Soziologen sowie in ihrem jeweiligen Ausgangspunkt unterscheiden sich beide so grundlegend, dass man, so Kims zentrale These, eigentlich von zwei Soziologien zu sprechen habe. In der Studie wird daher "die Soziologie Simmels und Webers im speziellen und ihre Gedankenwelt im allgemeinen dahingehend betrachtet [...], welche Aspekte der spezifischen Moderneerfahrung sie als Inhalt, Gegenstand, Stoff oder Material der Erkenntnis aufgegriffen haben, wie sie dies in eine moderne Theorieform getragen haben [und] wie sie sich aufgrund dessen mit den vorfindlichen Denkansätzen der Moderne auseinandergesetzt haben" (27).
Inhaltsübersicht: A. Auf der Suche nach einer Theorie der Moderne: I. Die Wege zur Soziologie; II. Zur Dialektik von Individuum, Kultur und Gesellschaft; III. Aspekte des modernen Kulturlebens; IV. Die Philosophie in ihrer Bedeutung für die Entwicklung einer Theorie der Moderne bei Simmel und Weber. B. Die methodologisch-wissenschaftslogischen Grundlagen einer Theorie der Moderne: V. Zu den philosophischen Hintergründen für die erkenntnistheoretisch-methodologische Grundlegung einer Theorie der Moderne; VI. Die methodologischen Grundlagen Simmels und Webers; VII. Die wissenschaftslogischen Dimensionen einer Theorie der Moderne.
Thomas Nitzsche (TN)
M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
Rubrizierung: 5.46 | 5.2
Empfohlene Zitierweise: Thomas Nitzsche, Rezension zu: Duk-Yung Kim: Georg Simmel und Max Weber. Opladen: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/12144-georg-simmel-und-max-weber_14497, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 14497
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M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
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