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/ 21.06.2013
Angela McRobbie

Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Hrsg. von Sabine Hark und Paula-Irene Villa

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2010 (Geschlecht & Gesellschaft 44); 227 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-531-16272-0
Der Feminismus wird instrumentalisiert. Das ist die verkürzte, aber zentrale Botschaft des Buches, das erstmals 2008 in englischer Sprache erschien und nun in deutscher Übersetzung vorliegt. Freilich geht es hier nicht um eine Verschwörungstheorie, vielmehr entwickelt die Autorin eine sehr differenzierte und verzweigte Argumentationslinie, in der sie ausgehend von älteren und neueren Linien der Geschlechterforschung wie auch der Cultural Studies jüngste Entwicklungen in der Medien- und Konsumkultur diskutiert und in gesamtgesellschaftliche soziale und ökonomische Zusammenhänge einordnet. Heraus kommt dabei eine überzeugende Erzählung, die im Kern aufzeigt, welche Rolle Feminismus und Geschlechterbeziehungen in der postfordistischen Transformation der europäischen Ökonomien zukommt. Die Instrumentalisierung des Feminismus zeigt sich dabei auf doppelte Art und Weise: Zum einen lässt sich ein öffentlicher Diskurs ausmachen, der den traditionellen Feminismus auf eine Bewegung männerfeindlicher, unerotischer und verbitterter Frauen verkürzt, eine Bewegung, die individuelle Differenzen zwischen Frauen eher negiert denn hervorhebt. Dem wird – in unterschiedlichen Abstufungen – das Bild der modernen Frau gegenübergestellt, der in der modernen Gesellschaft sämtliche Möglichkeiten der Selbstverwirklichung eingeräumt werden; selbstverständlich werden die Schablonen gleich mitgeliefert: Karriere, Konsum, Schönheitsideale etc. Damit wird der Feminismus – durch den Appell zur Eigenverantwortung – zum einen individualisiert und damit seiner potenziellen politischen Wirkmächtigkeit enthoben. Zum anderen aber versteckt sich hinter dem vordergründigen Individualismus gleichsam genau das Gegenteil: Was nämlich individuelle Selbstverwirklichung ist und sein darf, wird durch den – marktorientierten – öffentlichen Diskurs definiert. Damit wird die Geschlechterfrage in einen ökonomischen Modernisierungsdiskurs eingeschrieben, der sich auf ganz ähnliche Weise auch im Bereich der Reform der sozialen Sicherungssysteme artikuliert.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.27 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Angela McRobbie: Top Girls. Wiesbaden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/31406-top-girls_37384, veröffentlicht am 26.07.2010. Buch-Nr.: 37384 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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