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Aus dem Hörsaal / 09.08.2017

Die postmoderne Querfront. Zur Kritik des Linkspopulismus am Beispiel von Mouffe und Laclau

Chantal Mouffes Begriff des Politischen und ihre zusammen mit Ernesto Laclau erarbeitete postmarxistische Theorie des Populismus sind nach Beobachtung von Ingo Elbe derzeit die wohl meistdiskutierten Beiträge zum Thema Populismus, werde doch ein neuer linker Handlungsspielraum versprochen. In einem Vortrag kritisiert Elbe einige der Grundannahmen und identifiziert eine Querfront: Diese linke Theorie sei sich mit Annahmen des faschistischen Vordenkers Carl Schmitt einig in der Beschreibung der Gesellschaft; Vernunft und moralischer Universalismus würden abgelehnt, der Westen gehasst.

Chantal Mouffes Begriff des Politischen und ihre zusammen mit Ernesto Laclau erarbeitete postmarxistische Theorie des Populismus sind nach Beobachtung von PD Dr. Ingo Elbe, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, derzeit die wohl meistdiskutierten Beiträge zum Thema Populismus. Mouffe und Laclau würden auch von linkspopulistischen Parteien wie Podemos oder Syriza als Vordenker*innen gesehen, verspreche ihre Theorie doch der Linken – nach dem postulierten Scheitern bürgerlicher wie sozialistischer Emanzipationsversprechen – einen neuen Handlungsspielraum, nur eben ohne große Idee, ohne großes Ziel. In einem Vortrag, den Elbe am 26. Juni 2017 an seiner Universität gehalten hat, stellt er diesen postmarxistischen Zugang zum Phänomen des Populismus dar und kritisiert einige der Grundannahmen.

Zu den Eckpunkten seiner Analyse gehört die Feststellung, dass Mouffe – die in diesem Vortrag im Mittelpunkt steht – entlang ihrer Wahrnehmung von Gesellschaft und Politik den Rechtspopulismus lediglich als Reaktion auf die langjährige Dominanz etablierter Volksparteien und auf eine neoliberale Hegemonie erklärt, ohne dabei allerdings auf die Inhalte rechtspopulistischer Aussagen einzugehen. Mouffe gehe des Weiteren von einer konflikthaften Wir-/sie-Unterscheidung – von ihr Agonismus genannt – aus, zugleich verneine sie eine rationale Entscheidungsfindung und damit eine rationale Wahlentscheidung der Bürger*innen. Die parlamentarische Wahl sei daher für Mouffe nicht Ausdruck rationaler Interessenvertretung, sondern emotionaler Bedürfnisse der Zugehörigkeit. Elbe identifiziert dies als einen sozialtheoretischen Antiliberalismus. Hauptgegner ihrer Theorie sei also nicht der Rechtspopulismus, sondern die von ihr so bezeichnete Hegemonie des Liberalismus – nicht zu verstehen als Neoliberalismus, sondern als Sammelbegriff für individualistische und rationalistische Gesellschaftstheorien, worunter auch ein Teil des Marxismus falle. Dabei handele es sich, so Elbe, um eine klassische faschistische Argumentation nach Carl Schmitt, als dessen treue Schülerin Mouffe sich zeige. Da sie sich entlang seiner Ideologemen bewege und, wie beschrieben, von einer Diskurstheorie ausgehe, die geprägt sei von einer irrationalistischen Sozialontologie, verharre sie aber selbst reflexionslos in populistischen Denkformen – und nehme daher an, vereinfacht formuliert, dass der Rechtspopulismus einfach durch einen Linkspopulismus ersetzt werden könnte. Elbe hält dies für eine manipulative politische Programmatik, womit Mouffe und Laclau mit ihrem theoretischen Ansatz Teil des Problems seien.

Diese Diagnose spiegelt sich zugespitzt auch im Titel des Vortrages: Es handele sich um eine „Querfront“ von linker Theorie und Faschismus, Vertreter*innen beider Strömungen bewegten sich bei der grundlegenden Beschreibung gesellschaftlicher Verhältnisse auf einer Ebene, gemeinsam sei ihnen die Ablehnung von Vernunft und moralischem Universalismus, politisch flankiert durch Hass auf den Westen, insbesondere auf die USA.


Der Vortrag zum Nachhören:

Ingo Elbe
Die postmoderne Querfront. Zur Kritik des Linkspopulismus am Beispiel seiner VordenkerInnen Chantal Mouffe und Ernesto Laclau
Vortrag an der Universität Oldenburg, 26.06.2017
http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/IMG/mp3/elbe_querfront.mp3

 

CC-BY-NC-SA
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Literaturhinweis

Ingo Elbe
Die postmarxistische Querfront – Chantal Mouffes Theorie des Politischen als Sozialphilosophie des autoritär-masochistischen Charakters
in: Manuel Clemens u. a. (Hrsg.): Der autoritäre Charakter und der Populismus des 21. Jahrhunderts. Eine transatlantische Perspektive, noch nicht erschienen

 

Ingo Elbe
Politische Macht, Faschismus und Ideologie. Ernesto Laclaus Auseinandersetzungen mit Nicos Poulantzas
in: Andreas Hetzel (Hrsg.): Radikale Demokratie. Zum Staatsverständnis von Chantal Mouffe und Ernesto Laclau, Baden-Baden, Nomos Verlag, noch nicht erschienen

 

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