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/ 15.01.2015
Karin Priester

Mystik und Politik. Ernesto Laclau, Chantal Mouffe und die radikale Demokratie

Würzburg: Königshausen & Neumann 2014; 280 S.; brosch., 38,- €; ISBN 978-3-8260-5482-2
Karin Priester präsentiert in diesem Band wohl eine der elaboriertesten Kritiken des Postmarxismus, Neogramscianismus und Linkspopulismus rund um Ernesto Laclau und Chantal Mouffe, die in deutscher Sprache verfügbar ist. Mit einer schneidenden, aber an jedem Punkt fairen – immanent arbeitenden – Vorgehensweise zergliedert die Autorin nicht nur die wesentlichen, sondern nachgerade sämtliche Aspekte aus dem „eklektischen Gemisch“ (9) des Leitbegriffs der radikalen Demokratie bei Laclau und Mouffe. Als generellen Zugang wählt sie den Topos der Mystik als reaktionäres Element, der ihr zufolge am Grund vieler vorgeblicher Neuauflagen linker politischer Theorien liegt. Priester prüft zunächst die Möglichkeiten eines „linken Dezisionismus“ (33) und schlussfolgert: „[A]nti‑autoritäre, nicht normierte Haltungsethik, wie sie Mystiker vertreten, läuft letztlich auf einen ethischen Marktradikalismus hinaus“ (37). Der weit verbreitete neu‑linke Interdisziplinarismus wird ebenfalls mit Blick auf Laclau einer radikalen Kritik unterzogen. Die unvermittelte Übertragung beispielsweise psychoanalytischer Argumentationsmuster auf die Politikwissenschaft folge nicht zuletzt generell dem „mystischen Gedanken einer Analogie aller Seinsbereiche“ (42). Auch Laclaus Konzept von „Hegemonie als metonymische Beziehung“ funktioniere durch einen religiösen, „irrationalen Übersprung, […] durch das Aufgehen von Individualität in einem Zustand der Ekstase“ (60 f). Im Weiteren verfolgt Priester die Wurzeln dieses mystisch‑politischen Denkens bis zu Antonio Gramsci und Georges Sorel zurück und weist zwischen Letzterem und Laclau einige Gemeinsamkeiten nach: Denn auch bei Laclau wird „die Einheit eines hegemonialen Verhältnisses […] durch einen national‑popularen, gegen die oligarchische Elite auftretenden Führer verkörpert“ (90). Auch in allen weiteren Punkten bleibt die Kritik engagiert und konsistent, aber die fast schon manische Dichte der Argumente, der äußerst hohe Abstraktionsgrad und die dem Gegenstand geschuldete Redundanz erschweren den Zugang immens. Dennoch leistet Priester viel mehr als nur eine mythoskritische Rekonstruktion, sondern zeigt darüber hinaus, wie verwundbar und labil die Konzepte der radikalen Demokratie und der Hegemonie für linke Projekte im Allgemeinen sind. Kein theoretisches Vorhaben, das sich positiv auf Laclau und Mouffe bezieht, sollte nun weiter an dieser Kritik vorbeisehen können.
{FG}
Rubrizierung: 5.425.46 Empfohlene Zitierweise: Florian Geisler, Rezension zu: Karin Priester: Mystik und Politik. Würzburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37969-mystik-und-politik_46270, veröffentlicht am 15.01.2015. Buch-Nr.: 46270 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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