Konservative Kulturkritik und die Politik der Spaltung. Über Hypermoral und sprachliche Verwirrspiele
In diesem Beitrag wird die Debatte um die Hypermoral aufgegriffen. Als Aufhänger dient der umstrittene Vorschlag von Robert Habeck, 4.000 Flüchtlingskinder aus Griechenland aufzunehmen, mit der er im Dezember 2019 auf Widerstand stieß und eine aufgeregte, moralisierende Diskussion auslöste. Bruno Heidlberger geht den metapolitischen und sprachlichen Verwirrspielen der Neuen Rechten auf den Grund und zeigt, wie Tatsachen auf den Kopf gestellt, wissenschaftliche Terminologien vermischt und dabei Mythen und Halbwahrheiten produziert werden, die in die bürgerliche Mitte hineinsickern.
Vorbemerkung
„Die urbane Akademikerklasse ist der neue Lieblingsfeind der Gegenwart“, notierte Adam Soboczysnki in der „Zeit“ vom 15. November 2018.1 Die Dämonisierung der an der Globalisierung partizipierenden urbanen, akademischen und nicht mehr nationalgebundenen Mittelschicht hat Anhänger links wie rechts. Ihr Vorwurf: Der linksliberale Moralismus sei weltfremd. Er vergifte in seiner Hysterie die politische Diskussion. „Realismus“ sei, so der dreißigjährige-Grundsatzreferent der SPD und Autor Nils Heisterhagen, „in Teilen der Linken, genauer in Teilen der Linksliberalen, nicht gewünscht“.2 Für die Darmstädter Soziologin Cornelia Koppetsch sei ein „Großteil der Linken […] Wegbereiter der herrschenden Verhältnisse in einer sich globalisierenden Gesellschaft“3, denn liberale Werte und soziale Ungleichheit seien zwei Seiten derselben Medaille. Die „moralisch verfeinerten Kosmopoliten in den bunten Stadtvierteln“ würden die sozialen Konflikte, die sie selbst mitverantworteten, verdrängen. Koppetsch bezeichnet die akademische Mittelschicht, also das Wählermilieu der Grünen, gar als „Mittäter“4 des Neoliberalismus und setzt sich sowohl mit Sahra Wagenknecht als auch mit Alexander Gauland ungewollt in ein Boot, wenn sie die Kosmopoliten en passant als Hypermoralisten verurteilt und zu Sündenböcken für die neoliberale Entwicklung und damit zu Wegbereitern für die Rechtsnationalisten erklärt.5
In diesem Beitrag wird die Debatte um Hypermoral aufgegriffen. Als Aufhänger dient der umstrittene Vorschlag von Robert Habeck, 4.000 Flüchtlingskinder aus Griechenland aufzunehmen, mit der er im Dezember 2019 auf Widerstand stieß und eine aufgeregte Diskussion auslöste. Ist Robert Habeck – einer von zwei Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen – ein weltfremder Hypermoralist und abgehobener Kosmopolit, wie dies beispielsweise in der Tageszeitung Die Welt oder in dem politischen Magazin Cicero behauptet wurde. Ist da etwas dran? Mit welchen Leuten setzt man sich dann in ein Boot? Geht es diesen allein um die Diffamierung und Herabsetzung des politischen Gegners als weltfremden Irrationalisten oder um mehr? Steckt dahinter Methode? Im Folgenden wird den metapolitischen Verwirrspielen und Zielen der Neuen Rechten näher auf den Grund gegangen.
Robert Habeck – ein „Hypermoralist“?
Robert Habeck und die Menschenrechtsbeauftrage der Bundesregierung, Bärbel Kofler, wollen nicht mehr wegschauen. Sie schlagen kurz vor Weihnachten vor, 4.000 unbegleitete minderjährige Kinder und Jugendliche aus völlig überfüllten griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland zu holen. Schnelle Hilfe sei ein Gebot der Humanität. „Was sie zur Flucht bewegt, ist schlimmer als das, was sie in den Lagern erdulden“ müssten,6 erklärt Kofler. Europa dürfe Griechenland nicht allein lassen. Auf den Inseln sind meist genauso viele Flüchtlinge in Lagern zusammengepfercht wie dort Menschen leben. Statt konstruktiv über Habecks Vorschlag zu diskutieren, folgt eine Empörungswelle gepaart von einer heuchlerischen propagandistischen Kraftmeierei vom rechten Rand.
Habecks Intervention wird als „PR-Aktion kurz vor Weihnachten“ (FDP-Generalsekretärin Teuteberg), als „ein nicht hilfreicher Vorschlag zu einem durchschaubaren Zeitpunkt“ bezeichnet, die Rede ist von „unredliche[r] Politik“ (Horst Seehofer)7, CDU/CSU und FDP lehnen seinen Vorschlag schroff ab. Kultivierter politischer Stil ist das nicht. „Wir müssen direkt auf den griechischen Inseln entscheiden, ob jemand in Europa bleiben darf oder nicht“, sprang der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten im Europaparlament und stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber dem Innenminister zur Seite. Er unterstütze „voll den Kurs der Solidarität“ von Innenminister Horst Seehofer (CSU), „aber wir brauchen auch Klarheit an der Grenze“.8 Dies erfordert jedoch die Reform des europäischen Asylsystems. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries ist der Meinung, Habecks Forderungen würden „weder europäischem Recht noch der gesellschaftlichen Stimmung in Deutschland gerecht“. Nationale Alleingänge lehne man ab, das Problem müsse auf europäischer Eben gelöst werden, wohl wissend, dass das in absehbarer Zeit unmöglich ist. Markus Frohnmaier (AfD) wirft Habeck vor, sein Vorschlag provoziere „eine Wiederholung des Migrantenansturms von 2015“. Signal einer solchen Politik wäre, „dass man es als Migrant nur nach Griechenland schaffen“ müsse, um in den deutschen Sozialstaat geholt zu werden.9
Den Ruf nach einer europäischen Lösung hört man immer wieder von denen, die sich sonst, was die Vertiefung der EU betrifft, eher zurückhaltend bis ablehnend verhalten. Aber wo ist der Wille? Nun geschieht erstmal nichts,10 In der Migrationspolitik braucht es eine europäische Lösung, wir dürfen aber Griechenland und die Kinder, nicht alleine lassen. Anzustreben wäre eine Koalition der Willigen, wie dies auch Habeck fordert, und zumindest die Kinder nach Deutschland zu holen, die einen Anspruch auf Familienzusammenführung haben. Außerdem müssten die Lebensbedingungen vor Ort umgehend verbessert werden.
Statt einer ehrlichen lösungsorientierten Debatte wurde nach Habecks Vorstoß, insbesondere von rechtskonservativer und neurechter Seite, die Gelegenheit genutzt, Öl ins Feuer zu gießen und dabei die Grünen in die hypermoralische Ecke zu stellen. Für den Chefreporter der Welt, Ansgar Graw, ist „Habecks Hypermoral antieuropäisch“.11 Sein Vorschlag berge „wirtschaftliche wie ethische Risiken“ und folge „zudem einer gesinnungsnationalistischen Logik“. Es dauerte nicht lange und Graw, der sich in den frühen 1990er-Jahren als Referent beim rechtskonservativen Studienzentrum Weikersheim engagierte und sich als Autor im neurechten Milieu tummelt, bekam am 23.12.2019 auf Twitter umgehend Applaus vom Landesvorsitzenden der AfD Rheinland-Pfalz Uwe Junge: „Robert Habecks hypermoralischer Anspruch hat eine gesinnungsnationalistische Logik“. Besser konnte es für die AfD nicht laufen. Der kontaminierte Begriff wurde aus der neurechten Mottenkiste herausgekramt, aufgewärmt und wieder einmal von einem konservativen Vertreter der „bürgerlichen Presse“ in die Debatte eingeschleust und salonfähig gemacht.
Die Vorlage von Ansgar Graw wurde umgehend von dem konservativ ausgerichteten Magazin Cicero dankend aufgenommen. Darin wurde Habecks Vorstoß als „Traumtänzerei mit Traumatisierten“12 kommentiert, während die Junge Freiheit (JF),13 Sprachrohr der Neuen Rechten, ihm „politischen Kindesmissbrauch“ in „moralischer Superhelden-Attitüde“ unterstellte. Und weiter: „Wer Bilder von leidenden Kindern benutzt, um den moralischen Reflex anderen aufzuzwingen und die Allgemeinheit dafür in Haftung zu nehmen, handelt hypermoralisch.“ Habeck sei ein „Hypermoralist in Reinkultur“. Es bleibe ja „nicht bei den Kindern, die als moralischer Rammbock herhalten“ müssten, vielmehr sollten die europäischen Nachbarn „vom deutschen Moralimperialismus überrollt werden“. Dabei wollte die JF das intellektuelle Niveau des Rechtsextremismus heben. Stattdessen versucht man, die Gesellschaft zu polarisieren, und hetzt gegen ihren Lieblingsfeind, Bündnis 90/Die Grünen: Die finanziellen und die gesellschaftlichen Folgekosten seiner „moralischen Großspurigkeit“ müssten „andere tragen, nicht Habeck selbst und auch nicht die typische grüne Besserverdiener-Klientel“, lautet der Vorwurf von Michael Paulwitz von der JF. Um gleich die Opfer-Rolle für sich zu reklamieren, schreibt er weiter: und wenn die „ungefragt in Haftung Genommenen“ murrten oder „aufmucken“, dann seien „sie eben finstere und herzlose ‚Rassisten‘“. „Habecks Hypermoral und sein schamloser politischer Kindesmissbrauch“ seien „unanständig und unappetitlich. Gerade vor Weihnachten“.14 Die JF argumentiert nicht lösungsorientiert, sondern hysterisch und moralisch. Das, was sie Habeck unterstellt, betreibt sie selbst.
Die EU-Kommission forderte – kurz nachdem Habeck seinen Vorschlag präsentiert hatte, Deutschland sowie weitere Staaten der EU dazu auf, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus überfüllten Aufnahmelagern in Griechenland aufzunehmen. „Die Kommission ist besorgt über die schwierige Lage vor Ort“, ließ eine Sprecherin der von Ursula von der Leyen geführten Behörde der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel verlauten. Man habe die anderen Mitgliedstaaten bereits mehrfach aufgefordert, weiter auf freiwilliger Basis unbegleitete Minderjährige umzusiedeln.15
Was ist an Habecks bescheidenem Nothilfe-Vorschlag, 4.000 Kinder aufzunehmen, hypermoralisch? Ich kann mich gut an die hysterische Schlammschlacht über die Obergrenze erinnern, auch sie wurde durch die Untergangsfantasien der AfD befeuert, von der sich insbesondere die CSU hat anstecken lassen. Und heute? Die Obergrenze ist längst nicht erreicht. Habecks Intervention ist realistisch und entspricht der Charta der Grundrechte der EU, dem Völkerrecht und der Genfer-Flüchtlingskonvention. Kinder, die ein Recht auf Asyl haben, müssen zu ihren Eltern, das garantiert auch die UN-Kinderrechtskonvention. Viele der Flüchtlingskinder haben Angehörige in Deutschland, die sich im Asylverfahren befinden. Ihre Aufnahme ist kein moralischer Gnadenakt. Sie beruht auf einem Rechtsanspruch aus der Dublin-Verordnung auf Familienzusammenführung und dem Selbsteintrittsrecht der Staaten nach Artikel 17. Aber wer im Dreck von Moria ohne Beistand festsitzt, hat es schwer, den erforderlichen Antrag zu stellen und Drei-Monats-Fristen einzuhalten. „In der zum Abschiebegefängnis umfunktionierten Geflüchtetenunterkunft Moria auf Lesbos“, notiert der Soziologe Hauke Brunkhorst, „opfert die Europäische Union das, wofür sie einst stehen wollte“. Wer ankommt, werde eingesperrt, als wäre Flucht ein Verbrechen. „Orte wie Moria“, so Brunkhorst, „sollen jetzt rund um die EU entstehen“.16 Sie sollen ‚Kontroll-Zentren‘ heißen.
Ist es das, was Weber (CSU) mit der oben erwähnten Forderung nach „Klarheit an der Grenze“ meint? Seit dem Jahr 2000 sind ca. 35.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Sie sind vor Krieg, Diktaturen und extremer Ausbeutung ihrer Länder, die dem Westen einen riesigen Billiglohnsektor und Bodenschätze liefern, geflohen.17 Habeck erinnert mit seinem Vorschlag an das, wofür die Europäische Union steht und daran, dass wir uns mit Zuständen wie in Moria nicht abfinden dürfen. Mit Hypermoral hat das nichts zu tun, sondern mit Verantwortung. Auch ist die Situation heute nicht mit der von 2015 zu vergleichen. Die Balkanroute ist weitgehend geschlossen. Obgleich die Flüchtlingszahlen in der Ägäis seit einiger Zeit zunehmen, sind sie nicht ansatzweise so hoch wie vor vier Jahren. Habecks Intervention ist weder „unredlich“ (Seehofer) noch eine „PR-Aktion“ (Teuteberg), sondern, um es deutlich zu sagen, nur ein Tropfen auf einen heißen Stein.
Die Hypermoral – Leitideologie unserer Zeit?
Der deutsche Philosoph und Cicero-Kolumnist Alexander Grau, er ist Mitunterzeichner der rechtskonservativen Erklärung 2018, diagnostizierte in seinem Buch Hypermoral (2017), das er am 10. Januar 2018 in der Bibliothek des Konservatismus in Berlin vorstellte, einen „Moralismus mit totalitären Zügen“: „Die Hypermoral sei die Leitideologie unserer Zeit“, meint Grau.18 Grau hat es nicht nur an die Spitze der Bestsellerliste für Sachbücher geschafft. In einem im November 2019 veröffentlichten ganzseitigen Gastbeitrag im Tagesspiegel „So weltoffen, so borniert“ charakterisiert Grau, die „herrschende Klasse“ als dezidiert progressiv, die ihre Weltsicht, ihren Lebensstil und ihre Werte so eindeutig als die allein vernünftigen, allgemein gültigen propagiere. Dies sei „eine Kulturrevolution ungeahnten Ausmaßes“. Der Habitus dieser neuen Elite werde nicht mehr bestimmt durch Heimat, sondern durch „den Lifestyle ihrer global präsenten Klasse“. „Diversität, Pluralismus und Kosmopolitismus“ würden „zu Meta-Werten dieser Hyperkultur“. In einer mächtigen, geradezu allmächtigen Mesalliance, spielten sich so die „akademisch geprägte emanzipatorische neue Linke und die Erfordernisse des spätmodernen Kapitalismus gegenseitig in die Karten“. Die kulturell dominante Elite verfalle in den Irrtum, „das eigene Leben sei der normale Goldstandard“. Mit Verachtung schaue man auf jene, die „an diesem Projekt nicht teilhaben“ könnten oder wollten. Beide Wertesysteme und Sprachwelten seien unvereinbar.19
Grau lehnt „Gleichheitsideologie“, „Minderheitenkult“ und eine multikulturelle Gesellschaft ab. Mit erhobenem Zeigefinger empört er sich, dass die Mehrheit der Gesellschaft nicht so wie er denkt und sich über soziale und sonstige Ungerechtigkeiten oder Ausgrenzung empört. Er beklagt die angebliche Moralisierung gesellschaftlicher und politischer Fragen und vermisst die sachliche nüchterne Debatte. In verschiedenen Artikeln hat er sich infolgedessen gegen Political Correctness (PC) oder ideologische Sprachreglementierungen geäußert. Auch wenn es vereinzelt überzogene Formen der PC geben mag, kämpft Grau, ähnlich wie schon Thilo Sarrazin und Gauland, gegen weitgehend selbst fabrizierte Hypermoral-Windmühlen und sieht deshalb an jeder Ecke einen „grünen Moralapostel“20 stehen. Die deutschen Medien seien unfähig und unwillig, Differenzen auszuhalten, umso mehr aber entschlossen zur inquisitorischen Verurteilung. Die Wahrheit auf den Kopf stellend, reduziert Grau sachliche und reale Probleme der Gegenwart auf moralische – ob Verkehrs- oder Energiewende, gesunde Ernährung oder Klimawandel. Mancher Gegner von grün-alternativer und liberaler Politik argumentiert nicht, dass Menschenrechte nicht mehr gelten sollen, oder die Folgen des Klimawandels irrelevant seien, und befürwortet auch nicht die Atomenergie, sondern unterstellt „den Demokraten, eine Gesinnung (wahlweise ‚Moral‘ oder ‚Hypermoralismus‘), um Argumente und einen produktiven Diskurs erst gar nicht mehr zuzulassen“,21 bemerkt Robert Habeck. Die Zivilgesellschaft zieht ihre Kraft nicht aus einer Hypermoral, sondern aus der Erkenntnis sachlicher Probleme sowie der Überzeugung ihrer nachhaltigen Gestaltung. Die „Leitideologie“ unserer Zeit ist längst nicht die Moral, eher ihre Abwesenheit, wie dies kürzlich auch der Eklat bei der Thüringer Ministerpräsidentenwahl zeigte, und immer noch die unzureichend regulierten Profitinteressen, die Ausbeutung von Mensch und Natur. Dass sich dagegen aktuell immer mehr Widerstand oder auch Unbehagen ausbreitet, ist zu begrüßen.
Der Liberalismus – ein Totalitarismus?
„Der ,liberale‘ Westen“, schreibt der 29-jährige Student der Philosophie und Rechtswissenschaft Martin Sellner, Ziehsohn von Götz Kubitschek und Sprecher der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich, bilde sich „viel darauf ein, die Ideologien des 20. Jahrhunderts überwunden und ihr System des Terrors, ihre Propaganda der ,einen Wahrheit‘ und ihre gesellschaftliche Gleichschaltung mit einer ,offenen Gesellschaft‘ und einer ,angstfreien, pluralistischen Debatte‘ ersetzt zu haben“. Doch das sei ein Betrug. Die „Ursprünge des Totalitarismus“ würden „ungebrochen“ fortwirken. „Der ,Liberalismus, unter den man das „westliche Denken subsumieren“ könne, stamme, wie der französische Rechtsintellektuelle Alain de Benoist analysiere, „aus derselben Matrix, der modernen Dimension des Totalitarismus“. „Die Kernelemente des totalitären Denkens, der rückhaltlose Zugriff auf die gesamte Welt, die messianische Utopie der Überwindung des Bösen, der Errichtung einer neuen Gesellschaft und des Fortschritts in eine strahlende Zukunft“ sei „nach wie vor das Fundament für die herrschende Hypermoral“.
Letztendlich gehe es den Liberalen „um die Etablierung einer geeinten Menschheit, die sich durch ‚Nebensächlichkeiten‘ wie nationale oder religiöse Zugehörigkeiten nicht mehr ‚spalten‘ lasse. […] An diesem Ideal, als Rahmen und Mittelpunkt der ‚freien Debatte‘“, sei „kein echter Zweifel“ erlaubt. Sellner kommt zum Kern seiner Argumentation, wenn er schreibt: „Die Hypermoral erweist sich als eigentliches Wesen des Totalitarismus. Er will, wie Orwell in 1984 schreibt, nicht nur die nackte Herrschaft, sondern die Herrschaft über die Seelen, eine metaphysische Durchdringung unseres Denkens und ein Wegerziehen jeden Widerstandes. Seine wirksamste Waffe ist heute der ‚Antifaschismus‘“.22
Sellner nennt in seinem Text sechs Kriterien totalitärer Herrschaft, bei denen das, was Hannah Arendt das radikal Böse dieser Systeme bezeichnet, das „Überflüssigwerden von Menschen“23 und ihre Vernichtung in den Konzentrationslagern, nicht vorkommt. Nicht zu viel, sondern zu wenig an Aufklärung und Moral hat zur Entstehung von totalitären Systemen geführt. Wovon befreit sich Sellner, dieser monströse Anführer einer ethnischen und autoritären Bewegung? Er befreit sich nicht nur von den Möglichkeiten vernünftiger Reflexion, sondern auch von etwas, das von allen Menschen in der Welt anerkannt wird: von der Scham. Hinter jedem „Du sollst nicht“ stehe „der Blick auf Unmenschliches und die Angst davor“, schreibt der französische Philosoph André Glucksmann in seinem Buch Am Ende des Tunnels, in dem er das Ende des ideologischen Denkens mit all seiner Intoleranz, Unduldsamkeit und Abkapselung gegen Andersdenkende untersucht. Und: „Hitler […] wollte, dass wir das Unmenschliche nicht sehen. Das ist ihm gelungen.“24 Wer dieses Unmenschliche heute immer noch nicht sieht, ist kein Kämpfer gegen den Totalitarismus.
Wer der totalitären Versuchung erliegt und für einen völkischen Staat eintritt, diesen als wahre Demokratie bezeichnet und Minderheiten und Menschen in Not bekämpft, macht diese überflüssig. „Menschen überflüssig zu machen“, schreibt Arendt vorausschauend, „ist, dass in einem Zeitalter rapiden Bevölkerungszuwachses und ständigen Anwachsens der Bodenlosigkeit und Heimatlosigkeit überall dauernd Massen von Menschen im Sinne utilitaristischer Kategorien in der Tat ,überflüssig‘ werden.“ Hannah Arendt mahnt, „dass die Konzentrationslager und Gaskammern, welche zweifellos eine Patentlösung für alle Probleme von Überbevölkerung und ,Überflüssigkeit‘ darstellen, nicht nur eine Warnung, sondern auch ein Beispiel bleiben werden“. Anders als die neurechten Vordenker erkennt Arendt gerade in der Überflüssigmachung von Menschen die zu bekämpfende totalitäre Tendenz, die heute, „überall und nicht nur in totalitär regierten Ländern zu finden ist“.25
Von 68er-Nazis, Öko-Nazis und Feinden der liberalen Demokratie
Jürgen Braun, seit September 2017 Mitglied im Deutschen Bundestag und zweiter parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, unterstellte Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) während der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag am 13. September 2018 in einer Kurzintervention „totalitäres Denken“: „Herr von Notz, Sie leben fernab der Realität. Es ist unglaublich: Hinter Ihrer linksgrünen Hypermoral, in der Sie sich sonnen als Edelster aus dem Norden, hinter dieser linksgrünen Hypermoral lauert ein totalitäres Denken. Andere Meinungen sind bei Ihnen nicht vorgesehen, Herr von Notz.“26
Aus dem gleichen Rohr feuerte jüngst die von dem ehemaligen antiautoritären SDSler Frank Böckelmann herausgegebene Zeitschrift Tumult gegen die Achtundsechziger. Horst G. Herrmann, nach eigenen Angaben Essayist und Philosoph aus Köln, dessen jüngstes Buch Im Moralapostolat in dem von Kubitschek geführten Antaios Verlag verlegt wurde und der auch für die Zeitschrift Sezession und den AfD-nahen Blog Philosophia Perennis die Feder in die Hand nimmt, holt richtig aus, wenn er in Tumult, der „Avantgarde der Neuen Rechten“ (FAZ), „die Achtundsechziger“ mit Nazis auf eine Stufe stellt: „Achtundsechzig wird maßlos überschätzt.“ Gegenüber ihren „ambitionierten Vorläufern“, den Nationalsozialsten, den „wahren Antiautoritäreren“, seien die „68er“ nach dieser Lesart nur Anfänger, aber eben auch Nazis gewesen.27 So vermischt man die Bedeutung wissenschaftlicher Terminologien.
Der „68er-Totalitarismus“- und Hypermoralismus-Vorwurf ist ein neurechter Kampfbegriff, der nicht nur gegen liberale Errungenschaften, sondern auch gegen ihre Träger eingesetzt wird. Man produziert Tumult und stellt die Tatsachen auf den Kopf: Nicht die Neue Rechte, sondern „die 68er“ und ihre grünen Erben oder gar die Zivilgesellschaft sind Nazis und Feinde der Demokratie. So twitterte am 17.09.2019 Beatrix von Storch: „Kein Film passt besser in unsere Zeit als #DieWelle. Liebe #Antifa #Klimafanatiker #Gendertotalitäre #Grölemeyers und #Gutmenschen, schaut Euch den an. Das seid Ihr! Eine totalitäre Idee, alle machen mit, Gewalt wird legitim... #Diktatur #imGleichschrittMarsch.“28 Am 19.11.2019 twitterte sie: „Gott schütze uns davor, dass diese Ökonazis jemals regieren. Sie sind Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung. Sie sind fanatisch und sie hassen unser Land.“29
Der Vorwurf der Hypermoral zielt auf die Zerstörung der liberalen Demokratie
Auf den „Moralismus“ oder auf die „Hypermoral“ der Linksliberalen zu schimpfen, gehört seit eh und je zur Metapolitik der konservativen Kulturkritik. Das Verwirrspiel zielt auf die Delegitimierung und auf den Rückbau der liberalen Demokratie. Stichwortgeber sind neben Arnold Gehlen, Botho Strauß, Alexander Gauland und Thilo Sarrazin mit seinem Millionen-Bestseller Tugendterror. Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland (2014). Dabei kann Das politisch korrekte Deutschland (2012) von Gauland als Vorlage für Sarrazin gelesen werden. Noch 2013 sah der Autor und Journalist Michael Winter an jeder Ecke einen „Moralapostel“ stehen, „nicht in kuttenschwarz, sondern in grün,“ wie er in der Süddeutschen Zeitung (SZ) notiert. Diese seien dabei, eine „Moraldiktatur“ zu errichten.30
Den Begriff Hypermoral prägte 1969 der Philosoph Arnold Gehlen. In seiner Spätschrift Moral und Hypermoral (1969) antwortet Gehlen auf die Studentenbewegung. Der Gegenaufklärer Gehlen verurteilte nicht nur linke Intellektuelle, auch den Spiegel und vor allem die Achtundsechziger, weil sie widersprachen. Rudolf Augstein hielt Gehlen damals für den „interessantesten Demokratieverächter in Deutschland.“31 Während die Studenten die herrschenden Institutionen kritisierten, erkläre Gehlen, eigene Meinungen seien ein „Laster“, die zum Zerfall der Institutionen führten.32 Der „Intellektuelle“ mache seine Moral zum Maßstab aller Dinge, er „luxuriere“ seinen „Ethos“, bis er zur Zumutung für Deutschland und die Menschheit werde, so Gehlen. Er galt in den 1960er-Jahren als Gegenspieler von Kant, Adorno und Habermas. Kant gründete seine Moralphilosophie auf den mit Vernunft begabten Menschen. Gehlen nannte das „Aberglaube“. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben sich für das christliche Menschenbild und für Kant entschieden. Für sie ist der Mensch mehr als ein rein biologisches, sondern auch ein zur Freiheit fähiges Wesen.
Besonderen Einfluss auf Vertreter der Konservativen Revolution, wie Armin Mohler und Günther Rohrmoser, hatte Gehlens Vorstellung von einem „Kulturkampf von rechts“. Mohler sah in Gehlen den Meister der „Konservativen“ und lobte die Schrift Moral und Hypermoral überschwänglich. „Ich halte es für die bedeutendste geistige Leistung, welche die deutsche Rechte seit dem Zusammenbruch von 1945 hervorgebracht hat.33 In seinem 2004 veröffentlichten Gastbeitrag „Moral und Hypermoral“ in Sezession empfiehlt Karlheinz Weißmann, Gehlens Moral und Hypermoral als „prophetisches Buch zu lesen“.34 Seit 1968 gehört der Begriff Hypermoral zum ideologischen Arsenal der Neuen Rechten. Bei Gehlen ist bereits alles, vom „Gutmenschen“ über die „Lügenpresse“ bis zum „Gesinnungsstalinismus“ und seiner Kritik am „Humanitarismus“,35 vorgedacht.
Mit dem Bestseller Hypermoral: Die neue Lust an der Empörung von Alexander Grau hat das konservative bis rechtspopulistische Lager aktuell Gehlens Schlagwort reaktiviert, um Ansprüche der meist linksliberalen, ökologischen und globalisierungskritischen Bewegungen als wirklichkeitsfremd und irrig zurückzuweisen. Dabei geben die Moral-Kritiker kund, die Moral nicht abschaffen zu wollen. Grau plädiert deshalb wie sein Vorbild Gehlen und Weißmann36 für eine sogenannte Moral im Plural. Sein pervertierter moralischer Imperativ lautet nun: Handele antimoralisch, damit beförderst du die Moralentwicklung! Der Mensch, der nicht moralisch handelt, sorge nach Graus Credo dafür, dass die Moralentwicklung im Gang bleibt, dass sie neu justiert, dass sie pluralisiert wird. Man solle, so Graus Empfehlung, den „Moralismus mürbe“ machen – „durch Egoismus in Form von Sünden“.37 Der Politikberater und Autor Johannes Hillje warf den Moral-Kritikern deshalb vor: Grenzzäune seien ihnen wichtiger als Menschen: „Es gibt in der heutigen Debatte eine Moral der Zäune und Grenzen. Statt Moral auf die Menschen, die nach Schutz suchen, zu beziehen, wird nun eine Moral des Schutzes vor Schutzsuchenden propagiert.“38 Unter dem Vorwand der Moralkritik versuchen sich Grau und die Neue Rechte, den Werten unserer demokratischen Gesellschaft sowie des internationalen Rechts zu entziehen.
Zuerst verwirren sie die Worte, dann verwirren sie die Begriffe und zuletzt verwirren sie unsere Welt
Unehrliche Politik beginnt immer mit der Sprache. Dann verwandelt sie sich in Propaganda. Sie wirkt wie eine fremde Invasion und schleicht sich in unser Gemüt, in unsere Gespräche, in unsere Gedanken und zerstört deren Klarheit. Oft ist es eine oft gehörte Erzählung, die den Tatsachen scheinbar Sinn verleiht, so beispielsweise die Erzählungen vom „Volks-Tod“, der „Einwanderung“ in die Sozialsysteme, dem „Unrechtsstaat“, von „Klimareligion“, „grüner Verbotspartei“, „Öko-Faschismus“, dem „links-rot-grün-versifften 68er-Deutschland“ oder der „Hypermoral“. Der neurechte Publizist Klaus Kunze empfiehlt: „Jede Strategie der Überwindung eines Herrschaftssystems muss mit seiner Delegitimierung beginnen. Hauptwaffe ist der Tabubruch. Er ist der erste Schritt zur nötigen Umwertung der Werte.“39 Verbale Tarnung, sprachliche Verwirrspiele und Design sind Teil des neurechten strategischen Ziels, die rechte „kulturelle Hegemonie“ im Sinne von Antonio Gramsci zu erlangen. Götz Kubitschek notiert dazu in der Sezession vom Februar 2009: „Nicht ohne Grund stellt unsere Zeitschrift ihre Begriffsdefinitionen auf der letzten Seite unter ein Motto von Konfuzius: ,Zuerst verwirren sich die Worte, dann verwirren sich die Begriffe und zuletzt verwirren sich die Sachen‘“.40 Man kann das selbstgewählte Motto auch als eine unbeabsichtigte Offenbarung und Selbstbeschreibung der neurechten Metapolitik verstehen, der sich inzwischen auch Linke, Christdemokraten, Freie Demokraten, zuweilen auch Sozialdemokraten bedienen, ohne offenbar zu wissen, auf welchem Tiger sie da reiten. Erfahrungsgemäß geht es in der Politik stärker um Mehrheit als um Wahrheit, wie man es zuletzt in Erfurt erleben konnte. Die Gefahr besteht, dass man sich so in die Gesellschaft neurechter Vordenker begibt und sich und die Allgemeinheit nach rechts verschiebt.
Die Sprach- und Verwirrspiele der Neuen Rechten zeigen Früchte bis in die Mitte der Gesellschaft
Wie Ludwig Wittgenstein uns lehrt, sind Wörter keine Fenster zur Welt, sondern Wörter konstruieren Welt, sie strukturieren unsere Gefühle, unsere Sinne, unsere Selbst- und Fremdwahrnehmung. „Denn, wie wir sprechen, entscheidet darüber, wer wir sind,“41 bemerkt Robert Habeck in seinem lesenswerten Essay Wer wir sein könnten. In der Politik folgt der Sprache das Handeln. „Der politische Rechtsruck macht sich zuallererst an der Sprache fest“, so Habeck. Die Sprache der Neuen Rechten will unsere freiheitliche Lebensweise und die offene Gesellschaft zerstören. Erst verwirrt man die Begriffe, dann die Werte, bis die Gesellschaft, ohne es zu merken, ihre liberalen Einstellungen nicht mehr anerkennt. Eine neue Wirklichkeit ist geschaffen. Es ist eine Sprache der Spaltung, der Verängstigung und Aufhetzung gegen einen vermeintlichen Feind. Sie macht aus Unmoral Moral und aus Unrecht Recht. Die Sprache der Propaganda informiert nicht mehr über die Wirklichkeit. Sie breitet mithilfe neu konstruierter Begriffe förmlich ein Netz über sie aus und hat den alleinigen Zweck, den Boden zur Eroberung der Macht vorzubereiten oder diese zu sichern. „Populismus ist keine Ideologie, sondern eine Strategie zum Erwerb und Erhalt politischer Macht“ und ein „Angriff auf das Grundgesetz“,42 betont der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle.
In seinem 1947 erschienenen Buch LTI – Notizbuch eines Philologen beschäftigt sich der Romanist Victor Klemperer mit der Sprache des Dritten Reichs., „Worte können sein wie winzige Arsendosen: sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da,“ notiert Klemperer.43 Auch heute geraten unbewusst immer mehr Menschen unter den Einfluss vergifteter Wörter. Sie bemerken nicht, wie sie nach und nach alles infizieren und die Geister bis in die Mitte der Gesellschaft verwirren.
So erklärte Ulf Poschardt, Chefredakteur der Welt, Norbert Blüm mit seiner Kritik an dem sogenannten Asylstreit zwischen CDU und CSU zum „Moraldarsteller“44. Aus Flucht vor Bomben und Not wird „Asyl-Tourismus“45 (Söder), aus Fluchtlingshelfern werden Gutmenschen oder „Saboteure“ des Rechtsstaates oder eine „Anti-Abschiebe-Industrie“46 (Dobrindt), aus Seenotrettung wird „aus Versehen“47 „illegaler Shuttle-Service“48 (Die Zeit), aus liberalen Demokraten werden „Verfassungsfeinde“ und „Nazis“, aus Klimaaktivisten werden „Öko-Faschisten“49 (AfD). In ihrem neuen Buch Widerworte schlüpft Alice Weidel in das Kostüm einer Aufklärerin, wenn sie schreibt: „Man kann nicht über die Herrschaft der Hypermoral sprechen, ohne sich mit dem dominanten Einfluss grüner Ideologie auf den politischen Diskurs in der Bundesrepublik zu beschäftigen.“ Mit der Hypermoral „als ausgrenzender Herrschaftsideologie eines geschlossenen Milieus“ verrieten die Grünen das „Erbe der Aufklärung“. Sie werde zum „Repressionsinstrument, das konstruktiven Streit unmöglich“ mache. Schon sieht Weidel die „Öko-Diktatur“50 bedrohlich am Horizont heraufziehen.
Beunruhigend ist, dass Mythen und Halbwahrheiten über Migration, Klima und Ökologie in die bürgerliche Mitte hineinsickern. Längst spotten Liberale im Gleichklang mit der Neuen Rechten über „Hypermoral“ und „grüne Religion“. „Welcher Teufel ist eigentlich in die bürgerliche Intelligenz gefahren,51 fragt Jan Grossarth in der SZ. So wird die Klimapolitik von der Publizistin Sonja Margolina als ideologisches Projekt antikapitalistischer Kräfte gedeutet. „Anti-ökologische Hysterie“ findet man nicht nur bei den politischen Kräften, wo man sie erwartet, sondern wieder bei Poschardt, der die Rede von den „Klimareligiösen“ adaptiert. Der Klimaforscher Hans Joachim Schellenhuber, der lange die Kanzlerin beriet, wird von rechten Verschwörungstheoretikern angegriffen; er wird auch von der bürgerlich-konservativen Tageszeitung Die Welt wie ein Religionsstifter verspottet, der Gebote gebe (2-Grad-Ziel). Der Kampf gegen den Klimawandel ist aus dieser Perspektive nichts als ein „Klimazirkus“ und ökologische Hysterie.52 Rainer Hank vergleicht in der FAS „Fridays for Future“ mit den „fanatischen Kinderkreuzzügen des 13. Jahrhunderts“. Wie viele Autisten handele die „fanatische“ Greta „hochmoralisch, obwohl oder womöglich gerade, weil ihr die Gabe der Einfühlung in andere abgeht“. Sie antworte „auf Politikversagen mit Hypermoralisierung, die etwas Gnadenloses“ habe, meint Hank.53 Nicht anders formuliert es die CSU, die von „grüner Ersatzreligion“ mit ihren „10 Geboten“ tönt.54
Poschardt erklärt die „Moralisierung der Politik“: „Der Kulturkampf“ sei „von den Linken 1968 gewonnen – und wird nun umfassend verloren. Politisch ist sie in Europa ohne Perspektive. Deswegen hat sie die Agitation verschoben, weg von der politischen Strategie, hin zur Moral und [zu] Sonntagsreden.55 Der Chefredakteur der Welt konzentriert sich bei seiner Ideologiekritik auf die Fanatischen und Radikalen, die es auch bei der Ökologiebewegung gibt. Diese aber mit der Sache selbst und der Bewegung insgesamt zu identifizieren, ist überholt. Große Teile der Wirtschaft haben längst die Bedeutung der Ökologie für sich erkannt. Sie sind oft im Verbund mit NGOs und Hochschulen zu Hauptakteuren des Umweltschutzes geworden. Ohne Bewahrung der Natur gibt es keinen Wohlstand, das ist die alarmierende Botschaft einer Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF). „44 Billionen Dollar an ökonomischer Wertschöpfung sind demnach direkt oder indirekt von einer intakten Natur abhängig – mehr als die Hälfte des Bruttosozialproduktes“, heißt es in der FAZ.56 So viel Grün gab es noch nie. Bis zum Jahre 2050, so die Veranstalter, sollen sämtliche Konzerne klimaneutral wirtschaften. Es kommt aber darauf an, entsprechend zu handeln.
„Klimahysterie“ ist zum Unwort des Jahres 2019 gekürt worden. Mit dem Begriff würden „Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und Debatten diskreditiert“, erklärte eine Jury aus Sprachwissenschaftlern. Das Wort sei von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Medien – von der FAZ über Unternehmer bis hin insbesondere zu AfD-Politikern – benutzt worden. Es pathologisiere „pauschal das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als eine Art kollektiver Psychose,“ so die Jury. „Vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel“ sei das Wort zudem „irreführend und stützt in unverantwortlicher Weise wissenschaftsfeindliche Tendenzen“.57 Außerdem stuft es die drängenden Mahnungen von Wissenschaftlerinnen zum „Kleine-Mädchen-Problem herab“. Es hat neben der pseudoklinischen auch eine frauenfeindliche Komponente. So wird es zur Waffe im Sprachgebrauch all jener, die den Klimawandel leugnen.
Noch im Dezember 2018 setzte Nicola Beer (FDP) auf Twitter, in Anwendung der Hufeisen-Theorie (Eckhard 58 den angeblichen „öko-moraldiktatorischen Angriff der Linken“ mit dem „autoritären Angriff der Rechten“59 gleich. Das Hufeisen ist in Erfurt mit dem Debakel um die Ministerpräsidentenwahl zerbrochen. Annegret Kamp-Karrenbauer hat sich damit zu Fall gebracht. Jetzt ist die „Mitte“ orientierungslos und selbst zum Risiko geworden. Nach der Abstimmung im Thüringer Landtag gratulierten Christian Lindner und Wolfgang Kubicki (FDP) Thomas Kemmerich (FDP), der mit den Stimmen der völkischen AfD zum Ministerpräsidenten in Thüringen gewählt wurde. Ein Dammbruch und – wie Angela Merkel es ausdrückte, „unverzeihlich“. War es Dummheit, Kalkül oder Verantwortungslosigkeit? Man kann nicht beides: „Mitte“ sein wollen und mit der AfD paktieren. Demokratien können nur überleben, wenn man von der Macht jene fernhält, die sie bedrohen. Die Ereignisse in Erfurt sind auch ein Tiefpunkt in der Geschichte des Nachkriegsliberalismus in Deutschland. Statt von der nichtbürgerlichen AfD grenzten FDP und CDU sich von den Linken und Grünen ab und verrieten die bürgerlichen Werte. Dieser Eklat ist der vorläufige Endpunkt einer Politik des Spiels mit Affekten sowie rechtspopulistischer Rhetorik und Provokationen seit 2015, begonnen von der CSU und aktuell fortgeführt von der FDP. Erfurt fiel nicht vom Himmel.
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Umwertung der liberalen Werte
Die Umwertung der Begriffe und die Lüge vernichtet den Bezug auf eine gemeinsame Realität. Umberto Eco und der amerikanische Philosoph Jason Stanley kennzeichnen diese Art von Metapolitik als faschistische Technik, deren Kakophonie wir uns nur schwer entziehen können. Sie zielt auf Verwirrung und Überwältigung, bis der Widerstand erlahmt. Der ehemalige Chefstratege von Donald Trump, Steve Bannon, der den Faschisten und Antisemiten Julius Evola zu seinen Vorbildern zählt, hat diese Strategie wie folgt beschrieben: „Die eigentliche Opposition seien nicht die Demokraten, sondern die Medien. Und wie bekämpft man die? ,Flood them with shit‘.“60 Faschistische Propaganda beruht auf der immer wiederkehrenden Wiederholung von rhetorischen Leerformeln, wie Lügenpresse, Altparteien, Umvolkung, Öko-Faschismus, Genderwahn oder Hypermoral. Das Unsagbare wird sagbar, wird so normal.
Der Angriff auf die Wissenschaft führt zur Zerstörung der Wahrheit
Die Diskreditierung und Zerstörung der Wissenschaften, der traditionellen Wahrheitsagenturen, öffnet den Raum für „alternative Fakten“. Die Härte, mit der gegenwärtig der Streit geführt wird, die manche vielleicht als Hypermoral erleben, nimmt in dem Maße zu, in dem sich die Wahrheit als objektive Kategorie auflöst: „Je mehr Wahrheiten es gibt, desto erbitterter ist jede Seite geneigt, auf ihrer zu beharren,“ kommentiert der Rechtsphilosoph Uwe Volkmann. Insoweit bestätige „sich durchaus der alte Satz, dass die Wahrheit keine Kompromisse“61 dulde. Dies gilt auch für das Reich der Werte, die den Status einer fundamentalen Wahrheit haben: Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie. „Die Lüge hinzunehmen“, mahnt der Geschäftsführer des Zentrums Liberale Moderne, Ralf Fücks, „ist der Beginn der Selbstaufgabe der liberalen Demokratien.“62 Misstrauen und Lüge zerstören jede Gemeinschaft. Demokratie braucht Vertrauen und Orientierung. Ohne Fakten und liberale Werte gibt es keine Basis für Kooperation und für vernunftgeleitete Politik. Gerade Demokratien müssen sich auf eine objektive Welt und auf fundamentale Wahrheiten beziehen, die nicht beliebig sind oder über die man abstimmen kann. Geben wir den Kampf um die Wahrheit auf, dann verschwindet sie und kehrt über die Trumps, Orbans und Höckes unserer Zeit in pervertierter Form zurück.
Die Wiederaufrüstung in Deutschland hat viele Jahre vor 1933 begonnen und sich „fast unbemerkt vollzogen“, bemerkt der deutsche Kulturphilosoph Ernst Cassirer in seiner Studie Vom Mythus des Staates. „Neue Worte“ seien geprägt; und selbst die alten seien „in einem neuen Sinn verwendet“ worden. Der Bedeutungswandel folgt für Cassirer aus „der Tatsache, dass jene Worte, die früher in beschreibendem, logischem oder semantischem Sinne gebraucht wurden, jetzt als magische Worte gebraucht werden, die bestimmt“ seien, „gewisse Wirkungen hervorzubringen und gewisse Affekte aufzurühren“. 1945 schrieb Cassirer: „Seltsam genug, all dies kehrt in unserer modernen Welt wieder.“63
Heute, 75 Jahre später, spricht die AfD aus, was „das Volk“ angeblich fühlt, und nennt es „Mut zur Wahrheit“. Besonders Begriffe wie Umvolkung, todbringende Messermigration, Islamisierung, Genderwahn, Lügenpresse, Hypermoral, links-rot-grün versifftes 68er-Deutschland, Naziparanoia und Altparteien dienen dazu, ungute Affekte sowie aggressive Leidenschaften zu erzeugen und die kritische Vernunft durch mythisches und irrationales Denken zu ersetzen. Im Ergebnis gewinnt das magische Wort die Oberhand über das semantische.64 Die Umwertung unserer republikanisch-liberalen Ideale beginnt mit der Einführung irrationaler Gefühle in die Politik, mit der magischen Aufladung unserer Sprache und der Umformung des Bedeutungsgehaltes einzelner Begriffe. Ernst Cassirer war überzeugt, dass die Philosophie gegen den Mythus nichts ausrichten könne. Er sei „für rationale Argumente undurchdringlich“. Die Philosophie könne uns aber „den Gegner verstehen machen“.65 In Hinblick auf die politischen Mythen des Nationalsozialismus erinnert uns Cassirer daran, diese in ihrer Stärke unterschätzt zu haben:
Als wir zuerst die politischen Mythen hörten, fanden wir sie so absurd […] und lächerlich, dass wir kaum dazu vermocht werden konnten, sie ernst zu nehmen. Jetzt ist es uns allen klar geworden, dass dies ein großer Fehler war. Wir sollten denselben Irrtum nicht ein zweites Mal begehen.66
Fazit
Schon in den 1980er-Jahren warnte der damalige Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Schnoor (SPD), „vor einem modernisierten Rechtsextremismus im intellektuellen Gewand, der gefährlicher sei als die rechtsextremistischen Gruppen alter Prägung.“67 Verbale Tarnung, sprachliche Verwirrspiele und neurechtes Design sind Teil ihres strategischen Ziels, die kulturelle Hegemonie zu erlangen. Bei der Pressekonferenz nach der Wahl in Thüringen vom 28.10.2019 in Berlin zeigte Höcke, unter Gaulands Ägide, nicht das Gesicht eines „Faschisten“, sondern das eines „sozialpatriotischen“ Politikers „mit „Ecken und Kanten“. Es sei „völliger Unsinn, dass Herr Höcke ein Faschist“ sei, betonte Gauland auf Nachfrage eines Journalisten. Für ihn gehe „bei uns die Meinungsfreiheit in manchen Dingen zu weit“, auch wenn es sich um eine Grüne, wie um Frau Künast“ handele. Gauland habe das Gefühl, dass „die Menschen nicht mehr wissen, was Faschismus ist“. Daraufhin erklärte Höcke: Selbst „angeblich gebildete Menschen“, Inhaber eines akademischen Abschlusses, verfügten „nicht mehr über das Minimum historischer Bildung“. Es würden „Begriffe inflationär gebraucht“ und als „Kampfbegriffe in die politische Arena“ geworfen. „Heutzutage ist jeder ein Nazi, der nicht sagt Deutschland verrecke“. Das sei „der Zustand der Sprache, leider.“68
Höcke wollte wohl sagen, eine Partei wie die AfD, die „Deutschland liebe“, könne keine Nazi-Partei sein. Die eigentlichen „Feinde Deutschlands“ und Nazis sind demnach die „Antifa“ und die Grünen,69 denn diese wollten den Untergang Deutschlands. Dies sei gar „grüne Leitkultur“. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass das Wort „Faschismus“, so wie Höcke es benutzt, völlig bedeutungsleer ist und sein soll. Die AfD hat ein eminentes Interesse am begrifflichen Wirrwarr. Das Verwaltungsgericht Meiningen hat kürzlich entschieden, dass Höcke als „Faschist“ bezeichnet werden kann. Sein Werturteil fuße auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage. Gauland sieht Höcke nach dem Bundesparteitag in Braunschweig, „in der Mitte der Partei“. Die AfD betreibt, wie ihr Vorbild Carl Schmitt, ein Kostümspiel, „anklagend und rechtfertigend, weinerlich und trotzig“.70
Nicht nur Hass und Hetze mittels Foto und Bildkommentar, sondern auch Sprache, Wortwahl und öffentliches Auftreten werden ästhetisch designt, pluralisiert, gestalterisch diversifiziert und camoufliert. Der Faschismus trägt heute moderne Kleider. Genauso wie er auf die alte faschistische Ästhetik verzichtet, verzichtet er auf die alte faschistische Sprache und auf einen frontalen Angriff gegen das System. Wie die „Ethnopluralisten“ sich im Bereich der Ästhetik Stilprinzipien der offenen Gesellschaft bedienen, drehen sie in der politischen Debatte den Spieß einfach um: Längst verteidigen sie Demokratie und Rechtsstaat. „Wir schützen die Verfassung!“, heißt es arglistig auf der Homepage der Identitären, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.71
Ziel und Zweck neurechter Metapolitik ist, wie der neurechte Vordenker Thor von Waldstein betont, die „kulturpolitische Zitadelle zu erobern“72 und das Vokabular der demokratischen Mitte für sich zu reklamieren. So erklärte Jörg Meuthen in seiner Rede zum 3. Oktober 2019 zum Tag der Deutschen Einheit: „Lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die großen Errungenschaften unserer freiheitlichen Demokratie gegen ihre zahlreichen Feinde nicht verloren gehen.“73 „Im EU-Parlament“, twitterte Meuthen, habe er nun „Klartext gesprochen zur unsäglichen Hetze gegen die AfD nach dem grauenhaften Anschlag in Halle: WIR sind es, die ständig gegen JEDE Form von Extremismus und Antisemitismus eintreten.“74 Und: Es sei „vollkommen unstrittig, der Rechtsextremismus ist gefährlich und muss mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpft werden“, so Meuthen.75 Antisemiten seien Linke und Grüne. Am 9. November 2019 twitterte er: „Beim Schutz der Verfassung darf es keine Scheuklappen geben: Gerade bei den sog. „Grünen“, die in Wahrheit tieflinke, ökosozialistische Deutschlandabschaffer sind, gibt es einen enormen Hang zur Verachtung unseres Vaterlands.“76
Die rechte Metapolitik macht aus Antisemiten Freunde Israels, aus Demokraten Nazis, und aus Nazis Demokraten. „Sophie Scholl hätte AfD gewählt“, warb der Kreisverband Nürnberg Sud/Schwabach und stellt sich in die Tradition des Widerstands des 20. Juli 1932 und die Bundesregierung in die des Dritten Reiches. „So wird der Widerstandsbegriff pervertiert; er wird von den Grund- und Menschenrechten getrennt, für die die Geschwister Scholl gekämpft haben; er wird angefüllt mit völkischem Gebräu und populistischem Extremismus,“77 notiert Heribert Prantl in der SZ. Wer unter der angeblichen „Herrschaft des Unrechts“ oder unter der „Merkel-Diktatur“ lebt, dem ist jedes Mittel recht. Wenn Grüne als Nazis beschimpft werden und der parlamentarischen Demokratie Faschismus unterstellt wird, dann „wird der Boden dafür bereitet, dass sich das Völkische und Totalitäre als das Moderne und Freie gerieren kann“78, bemerkt Habeck. Wer gegen einen „Unrechtsstaat“ und gegen einen drohenden Nazismus kämpft, so das neurechte Kalkül, habe ein Recht auf Widerstand.
Der kürzlich verstorbene Politikwissenschaftler Wolfgang Gessenharter erklärt sehr deutlich, dass sich „eine positive Einstellung zum Grundgesetz niemals mit den Relativierungen, Verdrehungen und Verfälschungen eben dieser Verfassung durch die intellektuelle Neue Rechte [wird] abfinden wird können, weil deren Ziele eine Gesellschaft vor Augen haben, in der der einzelne Mensch dem Kollektiv letztlich hilflos ausgeliefert ist. Die Hoffnung auf einen gütigen Despoten sollte man gerade in Deutschland endgültig zu den Akten legen.“79 Die Blutspur ist schon zu lang.
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Bruno Heidlberger: *1951,1987 Promotion zum Dr. phil., Studienrat für Geschichte, Politik, Philosophie. Lehraufträge an der TU Berlin. Autor des Buches: „Wohin geht unsere offene Gesellschaft? 1968 – Sein Erbe und seine Feinde“, Logos Verlag Berlin 2019; Verfasser von Essays und Rezensionen in philosophischen und politischen Fachzeitschriften.
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1 Adam Soboczyski: Die verhassten Weltbürger, Die Zeit 47/2018, 15.11.2018, https://www.zeit.de/2018/47/akademiker-weltbuerger-populismus-feindbild-afd?utm_term=facebook_zonaudev_int&utm_medium=sm&utm_content=zeitde_redpost_zei_link_sf&utm_campaign=ref&utm_source=facebook_zonaudev_int&wt_zmc=sm.int.zonaudev.facebook.ref.zeitde.redpost_zei.link.sf&fbclid=IwAR2cMUNDud8WSvyBEgxuNfpvwJVtTxU_Hf6UaYPedzNedoO3zPAnBRk4PKk.
2 Nils Heisterhagen: Warum Andrea Nahles recht hat, Die Zeit, 01.06.2018, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-05/spd-andrea-nahles-fluechtlinge-debatte
3 Cornelia Koppetsch: Die Gesellschaft des Zorns. Rechtspopulismus im globalen Zeitalter, Bielefeld, 2019, S. 85.
4 Ebd., S. 81.
5 Ebd., S.60.
6 Zeit-Online: Robert Habeck will Flüchtlinge aus Griechenland nach Deutschland holen, 22.12.2019, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-12/asylpolitik-robert-habeck-gruene-fluechtlinge-girechenland-einwanderung
7 Merkur.de: Nach Habeck-Vorstoß – Asselborn fordert drastische Konsequenzen für Verweigerer, 06.01.2020, https://www.merkur.de/politik/griechenland-robert-habeck-asyl-fluechtlinge-eu-migration-gruene-kinder-asselborn-zr-13362445.html
8 Zeit-Online: Robert Habeck will Flüchtlinge Griechenland nach Deutschland holen, a.a.O.
9 Ansgar Graw: Vorstoß zu Flüchtlingskindern. Kritik an Habeck, Welt-Online 23.12.2019, https://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_politik/article204539042/Vorstoss-zu-Fluechtlingskindern-Kritik-an-Habeck.html
10 Kronen-Zeitung: Papst Franziskus ruft zum Schutz von Migranten auf, 25.12.2019, https://www.krone.at/2067985
11 Ansgar Graw, a.a.O.
12 Antje Hildebrand: Traumtänzerei mit Traumatisierten, Cicero 23.12.2019, https://www.cicero.de/innenpolitik/robert-habeck-fluechtlinge-griechenland-kinder-asylpolitik/plus
13 Michael Paulwitz: Habecks politischer Kindermißbrauch, Junge Freiheit, 23.12.2019, https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2019/habecks-politischer-kindermissbrauch/
14 Ebd.
15 dpa/Guido Kirchner: „Ihr Kinderlein kommet“, 25.12.2019, https://www.merkur.de/politik/griechenland-habeck-fluechtlinge-eu-von-leyen-seehofer-asyl-migration-gruene-zr-13362445.html
16 Hauke Brunkhorst: Menschenrechte in der Krise der Demokratie, in: Kosmopolitismus in einer globalisierten Welt (Hrsg.) Gerd Brudermüller, Daniela Demko, Kurt Seelmann, Würzburg 2019, S. 156f.
17 Stefan Lessenich: Neben uns die Sintflut. Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis, Berlin 2016.
18 Christian Röther: Hype um die Hypermoral, 10.08.2018, https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral.886.de.html?dram:article_id=422221.
19 Alexander Grau: So weltoffen, so borniert! Tagesspiegel 24.11.2019, S.7.
20 Michael Winter: „Fahnensucht“, SZ Nr. 98, 27./28.04.2013.
21 Robert Habeck: Wer wir sein könnten. Warum unsere Demokratie eine offene und vielfältige Sprache braucht, Köln 22018, S. 36.
22 Martin Sellner: Der sanfte Totalitarismus, Sezession, 28.10.2016, https://sezession.de/56276/der-sanfte-totalitarismus
23 Hannah Arendt: Denken ohne Geländer. Texte und Briefe, Bonn 2006, S. 125
24 André Glucksmann: Am Ende des Tunnels, Berlin 1991, S. 20.
25 Hannah Arendt: Denken ohne Geländer. Texte und Briefe, Bonn 2006, S. 127.
26 Jürgen Braun: Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2018 5155.
27 Horst G. Herrmann: Links von den Talaren Muff von fünfzig Jahren, Tumult. Vierteljahreszeitschrift für Konsensstörungen, Februar 2018, S. 25.
28 Beatrix von Storch: Twitter, 17.09.2019, https://twitter.com/Beatrix_vStorch?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor.
29 https://twitter.com/beatrix_vstorch/status/1196698349157662720
30 Michael Winter: „Fahnensucht“, SZ Nr. 98, 27./28.04.2013.
31 Der Spiegel 16/2016, S.118.
32 Arnold Gehlen: Moral und Hypermoral, Eine pluralistische Ethik, Frankfurt/Main 2016, S.71.
33 Armin Mohler: Von rechts gesehen, Stuttgart 1974, S. 52.
34 Karlheinz Weißmann: Moral und Hypermoral – Gehlens politische Wirkung, Sezession 4/2004, https://sezession.de/7647/moral-und-hypermoral-gehlens-politische-wirkung , zit. nach Arnold Gehlen: Moral und Hypermoral, a.a.O., S. 78.
35 Ebd., S. 75ff.
36 Karlheinz Weißmann: Moral und Hypermoral. Gehlens politische Wirkung, aus Sezession 4 /Januar 2004, https://sezession.de/7647/moral-und-hypermoral-gehlens-politische-wirkung, letzter Zugriff: 24.11.2018.
37 Christian Röther: Hype um die Hypermoral, Deutschlandfunk, 10.08.2018, https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral.886.de.html?dram:article_id=422221
38 Ebd.
39 Klaus Kunze, zit. bei: Armin Pfahl-Traughber: Ideologie und Sprach der Neuen Rechten, In: Wolfgang Gessenharter/Thomas Pfeiffer, a. a. O., S. 82.
40 https://sezession.de/392/toleranz-die-9-todsuende-der-zivilisierten-menschheit, letzter Zugriff: 13.08.2018.
41 Robert Habeck, a. a. O., S. 11.
42 Christopher Onkelbach: Voßkuhle. Populismus ist ein Angriff auf das Grundgesetz, 17.11.2017, https://www.waz.de/politik/vosskuhle-populismus-ist-ein-angriff-auf-das-grundgesetz-id212576275.html, letzter Zugriff: 07.12.2017.
43 Viktor Klemperer: LTI. Notizbuch eines Philologen, Leipzig 31975, S. 10 und 27.
44 Ulf Poschardt: Das vergiftete Land, Die Welt, 13.07.2018, https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus179314148/Migrationsdebatte-Das-vergiftete-Land.html
45 Welt.de: „Wir müssen den Asyl-Tourismus beenden“, Welt 15.06.2018, https://www.welt.de/politik/deutschland/article177596828/Markus-Soeder-Wir-muessen-endlich-den-Asyl-Tourismus-beenden.html
46 Kai Biermann: Dobrindts Traum von Rechtlosen im Rechtsstaat, Die Zeit 13.05.2018, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-05/abschiebung-alexander-dobrindt-csu-rechtsstaat-asyl-fluechtling-saboteur
47 https://twitter.com/erikmarquardt/status/1018097516330520577?lang=de
48 Catarina Lobenstein, Miriam Lau: Oder soll man es lassen, Die Zeit Nr. 29/18, 11.Juli 2018, https://www.zeit.de/2018/29/seenotrettung-fluechtlinge-privat-mittelmeer-pro-contra
49 Patrick Gensing: Festival der Fake-Zitate, ADR-faktenfinder, 15.08.2019, https://www.tagesschau.de/faktenfinder/afd-hessenkemper-fake-zitate-101.html
50 Alice Weidl: Widerworte. Gedanken über Deutschland, 2018 Kulmbach, S. 28.
51 Jan Grossarth: Die anti-ökologische Hysterie, SZ, 31.05.2019, S. 9.
52 Ulli Kuhlke: Schellnhubers unverhohlener Antrag auf den Nobelpreis, Die Welt, 25.11.2015, https://www.welt.de/debatte/kommentare/article149254589/Schellnhubers-unverhohlener-Antrag-auf-den-Nobelpreis.html, letzter Zugriff: 01.06.2019.
53 Rainer Hank: Kinderkreuzzug damals und heute, FAS 12.05.2019, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/hanks-welt/f-a-s-kolumnist-rainer-hank-ueber-greta-und-das-mittelalter-16182332.html
54 https://twitter.com/csu/status/1196875540143181825?lang=de
55 Ulf Poschardt: Das vergiftete Land, Welt-Online, 13.07.2018, https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus179314148/Migrationsdebatte-Das-vergiftete-Land.html
56 FAZ Sonntag: Ohne Natur kein Wohlstand, S.1, 19.01.2020
57 Pressemitteilung: Wahl des 29. „Unworts des Jahres, http://www.unwortdesjahres.net/fileadmin/unwort/Pressemitteilungen/pressemitteilung_unwort2019.pdf
58 Sebastian Leber: Warum Chemnitz nicht der Hambacher Forst ist, TS, 23.09.2018, https://www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextreme-gewalt-warum-chemnitz-nicht-der-hambacher-forst-ist/23101702.html.
59 Susanne Götze: COP24: Die Front der Klimaleugner, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 2/19, Berlin 2/19, S. 20.
60 Felix Stephan: Geschlossene Gesellschaften, SZ 17.04.2018, S. 9.
61 Uwe Volkmann: Was ist Wahrheit? FAZ 13.02.2020, S. 6.
62 Ralf Fücks: Über Wahrheit und Lüge in der Politik, 15.12.2014, https://www.boell.de/de/2014/12/15/ueber-wahrheit-und-luege-der-politik, letzter Zugriff: 17.07.2017.
63 Ernst Cassirer: Vom Mythus des Staates, Hamburg 2002, S. 369.
64 Ebd.
65 Ebd., S. 388.
66 Ebd.
67 Wolfgang Gessenharter/Thomas Pfeiffer: Die Neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie? Wiesbaden 2004, S. 7.
68 Wahlnachlese der AfD nach der Landtagswahl in Thüringen am 28.10.2019, https://www.youtube.com/watch?v=fv2-CUPVXoQQ
69 Patrik Gensing: Wenn Umdrehen zur Nazi-Methode wird, Tagesschau.de, 24.05.2018, https://www.tagesschau.de/faktenfinder/inland/kampagnen-roth-101.html
70 Hendrikje Schauer: Sinnieren über den Weltbürgerkrieg, TS 12.01.2020, S. 26.
71 https://www.identitaere-bewegung.de/kampagnen/wir-sind-verfassungsschuetzer/#more-497
72 https://www.youtube.com/watch?v=iQSITNw3iDE
73 https://twitter.com/AfD/status/1179637453830770688.
74 https://twitter.com/joerg_meuthen/status/1186972117449007110
75 https://www.youtube.com/watch?v=-J6ZASz5vNM
76 https://twitter.com/Joerg_Meuthen/status/1193048055093878785
77 Heribert Prantl: Was der Widerstand der Weißen Rose für die Gegenwart bedeutet, SZ 22.02.2018, https://www.sueddeutsche.de/politik/hinrichtung-der-geschwister-scholl-was-der-widerstand-der-weissen-rose-fuer-die-gegenwart-bedeutet-1.3876676
78 Robert Habeck: a. a. O., S.42.
79 Wolfgang Gessenharter/Thomas Pfeiffer, a. a. O., S.48.
Repräsentation und Parlamentarismus
Analyse
Moral, Moralkritik und Moralisierung in rechten urbanen Bewegungen. Die AfD und die Diesel-Fahrverbote in Stuttgart
Peter Bescherer und Luzia Sievi fragen, welche Rolle die Moral bei der Selbstdarstellung rechter Populist*innen als die eigentlichen Demokrat*innen spielt. Am Beispiel des Konflikts über Diesel-Fahrverbote in Stuttgart zeigen sie, welches Bild die AfD von sich vermittelt, auf welche demokratischen Werte sie sich bezieht und wie sie diese interpretiert. Deutlich wird der Versuch, über eine Strategie der Moralisierung andere Parteien als eigennützig und ideologisch verblendet zu diskreditieren. Die eigene Auseinandersetzung mit den moralischen Ansprüchen anderer wird dabei aber vermieden.
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Diskussion
Linksliberale und Identitätspolitik: „Wir verkämpfen uns an falschen Fronten“
Ein Streitgespräch zwischen Naika Foroutan und Wolfgang Merkel
taz, 14. Januar 2020
Rezension
{BID=41018} So vermeintlich skurrile Phänomene wie der Hipster-Nazi, der rechte Veganer oder rechte Flüchtlingshilfe sind nicht nur Stoff für bekannte Satire-Formate. Daniel Hornuff, Professor an der Kunsthochschule Kassel, sieht darin eine unterschätzte Gefahr und hält die Kritik dieser neurechten Ästhetik für äußerst wichtig. Präzise analysiert er, wie die Neue Rechte mit ästhetischen Mitteln die offene Gesellschaft bedroht. Sein Buch ist laut Rezensent Martin Repohl ein wichtiger Beitrag zur Debatte, wie mit den Mustern rechter Selbstdarstellung proaktiv umgegangen werden kann und sollte.
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Rechtspopulismus und Medien: Das Ringen um Deutungshoheit