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Rezension / 14.10.2019

Christopher Daase / Stefan Kroll (Hrsg.): Angriff auf die liberale Weltordnung. Die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik unter Donald Trump

Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften 2019

Während bis dato China, Russland und Indien als Gefahr für die liberale Weltordnung galten, stelle sich mit dem Auftauchen Donald Trumps die Frage, ob diese nicht von dem Land bedroht werde, das lange Zeit als Träger des Fundaments liberaler Werte galt. Denn der US-Präsident unterminiere mit seiner nationalistischen Politik die internationale liberale Weltordnung. Zudem untergrabe der Trump’sche Klientelismus die Problemlösungskraft internationaler Institutionen und gieße Öl ins Feuer, wo jahrzehntelange Verhandlungen fragile Gleichgewichte geschaffen hätten.

Die Persönlichkeit und der Politikstil Donald Trumps haben seit seiner Wahl zum amerikanischen Präsidenten 2016 eine Vielzahl von Forschungsarbeiten angeregt. Der Band versammelt in diesem Kontext Beiträge einer Ringvorlesung der Goethe-Universität Frankfurt, die sich schwerpunktmäßig mit der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik beschäftigen und überwiegend aus dem Jahr 2018 stammen.

Christopher Daase setzt überblicksartig Donald Trump und die Krise der liberalen Weltordnung in eine direkte Beziehung. Man habe bis dato angenommen, dass die liberale Weltordnung hauptsächlich von Mächten wie China, Russland und Indien infrage gestellt, vielleicht sogar bedroht werde. Nun sei mit dem Auftauchen Trumps die Frage zu stellen, ob die Bedrohung der liberalen Ordnung nicht sogar von dem Land ausgehe, das lange Zeit als Träger des Fundaments liberaler Werte wie Freiheit, Institutionalismus, Rechtsstaat und Freihandel galt.

Daase beginnt mit einer Betrachtung der (bekannten) Widersprüche des liberalen Systems. Diese findet er im Spannungsfeld zwischen individuellen Menschenrechen und dem staatlichen Souveränitätsprinzip, den internationalen Institutionen als Ort zwischenstaatlicher Problemlösung und deren bürokratischer Erstarrung, den völkerrechtlichen Beziehungen einerseits und der Höherwertigkeit des Rechts liberaler Staaten im Fall humanitärer Krisen sowie in einer wohlstandssteigernden Wirkung des Freihandelssystems und dessen Missbrauch durch wirtschaftliche Sanktionen.

Diese systemischen Widersprüche hätten schon vor der Wahl Trumps die Geltungsmacht der internationalen liberalen Ordnung geschwächt. Mit seinem Auftauchen, konstatiert Daase, sei es allerdings zu einer besonderen Krise gekommen. Denn Trump unterminiere aktiv mit seiner nationalistischen Politik (make America great again) die internationale liberale Weltordnung.

Der Wahl Donald Trumps folgte ein in Presse und Medien deutlich erkennbarer Überraschungs- und in manchen Fällen Schreckensmoment. Nachdem die ersten Monate der Präsidentschaft vorbei und dieser Moment vergangen war, verschafft sich in manchen Bereichen die These des „Guten im Schlechten“ Gehör: Nun sei Trump zwar gewählt, aber hatte seine polternde Art, sein markiges Auftreten, seine Andersartigkeit nicht beispielsweise auch Nordkorea an den Verhandlungstisch geholt? Sei somit nicht auch etwas Positives zu erwarten?

Nicole Deitelhoff betrachtet in diesem Zusammenhang den Trump’schen Populismus. Populismus, so fasst sie die Ergebnisse der Forschung zusammen, definiere sich als Elitenfeindlichkeit und sei weiterhin gekennzeichnet durch ein problematisches Verhältnis zu den Staatsorganen, einer starken Vereinfachung und das Postulat, der Populist vertrete den Volkswillen. Mit Trump habe der Rechtspopulismus in Amerika die breitere Bühne betreten, die in Europa schon mit vielen Akteuren prominent besetzt ist, wie zum Beispiel mit der Partei Cinque Stelle in Italien, mit Geert Wilders Partij voor de Vrijheid in den Niederlanden oder Viktor Orbáns Partei Fidesz in Ungarn).

Der Rechtspopulismus, den Trump geradezu verkörpert, sei jedoch weder kurz- noch langfristig in der Lage, Lösungen für außenpolitische Probleme zu finden. Seine postfaktische Auflösung der Kategorien Wahrheit und Fakten (alternative facts) reduziere die Möglichkeit, an der Rationalität orientierte Kompromisslösungen zu finden. Trump’scher Klientelismus unterminiere dazu die Problemlösungskraft internationaler Institutionen und gieße Öl ins Feuer, wo jahrzehntelange Verhandlungen (etwa im Nahen Osten) fragile Gleichgewichte geschaffen hätten.

Der Populismus mache, so Deitelhoff, die Weltpolitik unberechenbarer, zerstöre die Möglichkeiten einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung und stelle die Gleichheit der Bürger infrage. Das belebende Element Trumps ist dahingehend nichts als ein gefährliches Strohfeuer.

In weiteren Beiträgen bemühen sich die Autor*innen, die psychologische Disposition Trumps zu erklären und analysieren seinen Narzissmus. Sie untersuchen seine Respektsobsession oder betrachten im tieferen Detail sein Verhältnis zur Wahrheit. Es werden die strukturellen Handlungsräume Trumps skizziert, wie auch das Verhältnis zu Russland oder die internationale Handelspolitik.

Der Aufsatzsammlung ist zugutezuhalten, dass sie Trump nicht nur als Ursache, sondern auch als Symptom versteht. Eine weiter aufgefächterte Betrachtung der Außen- und Sicherheitspolitik, wie sie im Titel angekündigt wird, wäre hingegen wünschenswert gewesen. Es bleibt der Wunsch nach einer Nachfolgepublikation, die neuere Entwicklungen in die Betrachtung mit einbezieht.

 

CC-BY-NC-SA
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