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/ 30.05.2013
Harald Schumann

Die Hungermacher. Wie Deutsche Bank, Allianz und Co. auf Kosten der Ärmsten mit Lebensmitteln spekulieren. Ein foodwatch-Buch

Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag 2013; 190 S.; 9,90 €; ISBN 978-3-596-19625-8
„Josef Ackermann schrieb: ‚Kein Geschäft‘ sei ‚es wert, den guten Ruf der Deutschen Bank aufs Spiel zu setzen‘. Damit demonstrierte er nur, dass er – genauso wie die meisten seiner Kollegen – nicht verstanden hat, worum es eigentlich geht. Richtig müsste es heißen: Kein Geschäft ist es wert, dass auch nur ein Mensch zusätzlich deswegen Hunger leiden muss. Das gilt es, den Verantwortlichen klarzumachen“ (159), schreibt der Journalist Harald Schumann. Er kritisiert die Taktik des Abstreitens der Zusammenhänge zwischen der Börsenspekulation auf Agrargüter und den Auswirkungen auf die reale Preisentwicklung selbiger Lebensmittel. Schumann beweist dabei fundierte Kenntnisse der Finanzwirtschaft und makroökonomischer Zusammenhänge. Er legt detailliert dar, wie sich die Preisentwicklung von Nahrungsmitteln von den realen Gütern entfernt hat. Der Einfluss von Finanzanlegern auf die Preisentwicklung von Rohstoffen sei dabei das zentrale Problem. Während Märkte in der Rolle als Versicherer von Preisschwankungen für die am Handel Beteiligten lange eine wichtige Rolle einnahmen, habe sich dies mittlerweile stark geändert. Unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung stiegen die Nahrungsmittelpreise in extreme Höhen – und lösten somit ein massives Hungerproblem bei den Menschen aus, die sowieso bis zu 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben. Ein grundlegender volkswirtschaftlicher Sinn dahinter sei nicht erkennbar, mittlerweile seien an die 600 Milliarden Dollar in diesem Bereich angelegt, dieser Summe entspreche allein in den USA jährlich das 70‑fache der tatsächlichen Ernte. Diese Preisspirale drehe sich unaufhörlich nach oben weiter. „Und ausgerechnet beim Verkauf von Wetten auf steigende Agrarpreise ist die Deutsche Bank neben dem Allianz‑Konzern der weltweit größte Anbieter“ (9), lautet der zentrale Vorwurf des Autors. Insgesamt bietet er ein stringent aufgebautes und konstruktiv‑kritisches Werk, das für Einsteiger allerdings aufgrund der finanzwirtschaftlichen Wortwahl – von Hedgern, OTC und Margins über Futures – doch streckenweise schwer zu lesen ist. Dennoch entkräftet Schumann wirksam alle Gegenargumente und liefert überzeugende Gründe für eine grundlegende Reform auf dem Gebiet des Finanzsektors.
Vincent Wolff (VW)
Student der Politikwissenschaft, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Universität Bonn.
Rubrizierung: 4.43 Empfohlene Zitierweise: Vincent Wolff, Rezension zu: Harald Schumann: Die Hungermacher. Frankfurt a. M.: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/194-die-hungermacher_43599, veröffentlicht am 18.04.2013. Buch-Nr.: 43599 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
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