/ 30.05.2013
Frank Sieren
Geldmacht China. Wie der Aufstieg des Yuan Euro und Dollar schwächt
München: Carl Hanser Verlag 2013; 286 S.; geb., 19,90 €; ISBN 978-3-446-43487-5Die zentralen Fragen, denen sich Sieren widmet, sind allesamt kurz und prägnant formuliert: „Wie funktioniert der Aufbau einer Weltwährung? Was werden die Chinesen anders machen als ihre beiden Vorgänger, die Amerikaner und die Engländer? Was bedeutet die neue Weltwährung für unser Finanzsystem? Und vor allem: Was ändert sich für uns?“ (17) – Indes: die hinter diesen vier zentralen Fragen stehenden Probleme sind alles andere als einfach, geschweige denn sind sie einfach zu beantworten. Sierens Stil im Umgang mit solchen komplexen Problemen, der eher darauf abstellt, die großen Linien auszuleuchten als zu sehr detailversessen zu sein und der noch dazu insinuiert, das Denken der chinesischen wie der westlichen Staatslenker „von innen“ zu kennen, ist nicht unproblematisch. Aus dieser, positiv formuliert, Zuspitzung – negativ könnte man hingegen von unterkomplexer Darstellung sprechen – resultiert schnell der Eindruck, es ginge auch in diesem Band wieder nur darum, die sprichwörtliche Angst vor der „gelben Gefahr“ zu beschwören. Oder ist tatsächlich etwas dran an der hier vertretenen Prognose, dass Chinas Währung noch vor Ablauf dieses Jahrzehnts zur alleinigen Weltwährung aufgestiegen sein wird? Eine Einschätzung hierzu erlaubt die genauere Betrachtung von Sierens Prämissen: Eine davon lautet, das chinesische Wirtschaftspotenzial sei weltweit ohne Beispiel, Wachstum jenseits aller bisherigen Grenzen also nachgerade programmiert. Dass in einer Welt endlicher Ressourcen eine Projektion beständigen linearen Wachstums schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit ist – geschenkt. Wesentlich gravierender erscheint vielmehr die weitestgehende Unterschlagung zweier für das künftige Wachstum Chinas – und damit auch für seine künftige welt‑ und geldpolitische Rolle – gewichtiger Faktoren, nämlich seiner sozialen Stabilität nach innen und der ungeheuren ökologischen Zerstörung des Landes. Wer bei einer politischen Analyse auf derlei Details verzichten mag, wer zudem denkt, letztlich gehe es in der Globalisierung doch nur um die Beachtung der ominösen Regeln des Marktes und um mehr Effizienz und wer noch dazu keine allzu großen Schwierigkeiten bei der Darstellung von Weltpolitik als personifiziertem Staatenwettstreit hat – die Chinesen gegen die Europäer gegen die Amerikaner und so weiter – dem sei das Buch in der Tat empfohlen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.43 | 2.22 | 3.5 | 2.64 | 2.68
Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Frank Sieren: Geldmacht China. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/197-geldmacht-china_43609, veröffentlicht am 23.05.2013.
Buch-Nr.: 43609
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
CC-BY-NC-SA