/ 12.02.2015
Ethan Zuckerman
Rewire! Warum wir das Internet besser nutzen müssen. Aus dem amerikanischen Englisch von Sebastian Vogel
Bern: Verlag Hans Huber 2014; 292 S.; 24,95 €; ISBN 978-3-456-85367-3Ethan Zuckerman, Direktor des Center for Civic Media am Massachusetts Institute of Technology, gilt als einer der profiliertesten Internetkenner weltweit, da er – auch in seinem jüngsten Band – technischen Sachverstand mit psychologischen und soziologischen Erkenntnissen verknüpft. Mit der zum Teil etwas weit ausholenden Darstellung unzähliger praktischer Fallbeispiele versteht er es zudem, die Herausforderungen zu beschreiben, die bei der Bewältigung globaler Krisen (politische Umstürze, Pandemien und Rezessionen) unter Zuhilfenahme des Internets bestehen. Gleich zu Beginn verweist Zuckerman auf ein interessantes Paradox: „Obwohl es heute einfacher ist, Informationen und Sichtweisen aus verschiedenen Teilen der Welt zu übermitteln, begegnet uns oft ein enger gefasstes Bild der Welt als in weniger vernetzten Zeiten“ (26). Tatsächlich scheint die Schwierigkeit heutzutage nicht im Zugang zur Information, sondern vielmehr darin zu bestehen, „ihr Aufmerksamkeit zu schenken“ (27). Ganz klar wendet sich Zuckerman damit gegen eine oft – auch bei Digital Natives – anzutreffende Internet‑Euphorie, bei der vor allem die gesellschaftlichen Demokratisierungspotenziale des Netzes hervorgehoben werden: „Das Internet macht uns nicht auf magische Weise zu digitalen Kosmopoliten“ (34). Aus seiner Sicht besteht die zentrale Herausforderung in der Frage: „Wie verdrahten wir die von uns gebauten Hilfsmittel so, dass wir eine möglichst große Wirkung auf eine vernetzte Welt ausüben können?“ (37) Aus diesem Grund sei es geboten, viel aufmerksamer zu reflektieren, „wen wir hören und wen wir nicht hören“ bzw. „wie vernetzt wir nicht nur zu sein glauben, sondern wie vernetzt wir wirklich sind“ (44). Damit verweist Zuckerman auf die weit verbreitete Suggestion von Facebook, Twitter und all den anderen sozialen Netzwerken, durch sie umfassend vernetzt zu sein. Bei genauerer Betrachtung müssten wir aber feststellen, dass wir dort meist mit den Menschen verlinkt seien, die auch zu unserer beruflichen Community oder unserem realen Freundeskreis zählen (würden). Ähnliches gelte auch für die Nutzung webbasierter Informationsquellen: Da sich die individuellen Präferenzen der Nutzer nach wie vor oft an den vertrauten geografischen Räumen orientierten, sei das große Versprechen einer digitalen Vernetzung rund um den Erdball nach wie vor Vision. Dies veranschaulicht Zuckerman mit Hilfe grafischer Netzwerkdarstellungen. Diese Vision individueller Multiperspektivität und reflektierter Vernetzung von Elementen unterschiedlicher Kulturkreise, die Zuckerman präsentiert, klingt auch mit Blick auf die Freisetzung neuer wirtschaftlicher Kreativitätspotenziale verlockend. Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass die neue globale Unübersichtlichkeit viele Menschen überfordern und zu einem Rückzug in vertraute und überschaubare Gefilde verleiten könnte.
{HS}
Rubrizierung: 2.22 | 2.2 | 4.45 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Ethan Zuckerman: Rewire! Bern: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/38063-rewire_45618, veröffentlicht am 12.02.2015. Buch-Nr.: 45618 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA