/ 12.06.2013
Roman Schmidt-Radefeldt / Christine Meissler (Hrsg.)
Automatisierung und Digitalisierung des Krieges. Drohnenkrieg und Cyberwar als Herausforderungen für Ethik, Völkerrecht und Sicherheitspolitik
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Forum Innere Führung 35); 202 S.; brosch., 44,- €; ISBN 978-3-8329-7198-4Cyberwar – spätestens seit Stuxnet (2012) wird dieser Begriff zur Beschreibung eines realen Bedrohungsszenarios herangezogen. Doch wer bedroht wen? Und welche Werkzeuge werden zur digitalen Kriegsführung eingesetzt? Wie ist der Gebrauch von „Cyberwaffen“ (völker)rechtlich zu bewerten? Diese und weitere Fragen zu klären, ist ein Anliegen des Sammelbandes. Im ersten Teil werden die Effekte einer Automatisierung des Kriegs diskutiert. Verlockend sei aus militärischer Perspektive, so Niklas Schörning, Menschen in denjenigen Situationen durch Drohnen zu ersetzen oder zu ergänzen, die „dirty, dull, or dangerous“ (34) seien. Daraus ergebe sich eine Reihe von offenen Fragen, deren Klärung – zum Beispiel durch das Völkerrecht – noch ausstehe. Diesem Problem stellt sich Thilo Marauhn in seinem Beitrag über den Einsatz von Kampfdrohnen. Dabei geht es ihm unter anderem „um die Frage nach dem Kombattantenstatus des Bedienungspersonals“ (67). Es zeigt sich, dass die Debatte um die Automatisierung von Kriegen eine neue Dimension der ethischen Auseinandersetzung eröffnet. „Fragen nach Moral und Verantwortung im Einsatz werden umso dringlicher, je weiter die Fähigkeit unbemannter Systeme zu autonomen Handlungen voranschreitet.“ (85) Ein „sauberer“, weil automatisierter Krieg bleibt letztlich eine Kette von Entscheidungen, an deren Ende ein realer Tod steht. Die Entscheidungen über die Ausgestaltung und den Einsatz dieses Waffentyps müssen weiter in das Zentrum politischer Debatten rücken, so Thomas Petermanns Schlussfolgerung. Unkonkreter bleibt der zweite Teil des Bandes, in dem es um Cyberwar als Bedrohungsszenario geht. Thematisiert werden vor allem Angriffe auf die Infrastruktur eines Landes oder Spionageakte, die mittels Internet erfolgen. Dabei bleibt offen, was genau unter Cyberspace gefasst werden kann und ob er einen Status als Bestandteil der „globalen commons“ (149), ähnlich den Meeren oder dem Weltall, haben sollte. Ungeklärt bleibt auch, von wem genau Bedrohungen ausgehen. Entworfen wird ein Szenario, in dem souveräne Staaten sich gegen meist als kriminell eingeschätzte Angriffe zur Wehr setzen müssen – die Autoren gehen aber nur in sehr bescheidenem Umfang auf die bestehenden Versuche von Staaten ein, selbst in die Infrastruktur und Kommunikationswege anderer Staaten einzugreifen. Somit verdeutlicht der Band die Notwendigkeit einer breiten politischen Debatte des Themas.
Sonja Borski (SBO)
Dipl.-Politologin, wiss. Mitarbeiterin. Institut für Politikwissenschaft, Zentrum für die Didaktiken der Sozialwissenschaft, Universität Bremen.
Rubrizierung: 4.1 | 4.41 | 4.3 | 4.2 | 2.64 | 5.44
Empfohlene Zitierweise: Sonja Borski, Rezension zu: Roman Schmidt-Radefeldt / Christine Meissler (Hrsg.): Automatisierung und Digitalisierung des Krieges. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/14534-automatisierung-und-digitalisierung-des-krieges_43510, veröffentlicht am 04.04.2013.
Buch-Nr.: 43510
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
Dipl.-Politologin, wiss. Mitarbeiterin. Institut für Politikwissenschaft, Zentrum für die Didaktiken der Sozialwissenschaft, Universität Bremen.
CC-BY-NC-SA