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/ 05.06.2013
Richard Georg Plaschka

Avantgarde des Widerstands. Modellfälle militärischer Auflehnung im 19. und 20. Jahrhundert. In zwei Bänden

Wien/Köln/Graz: Böhlau Verlag 2000 (Studien zu Politik und Verwaltung 60/I, 60/II); 625, 432 S.; geb., 95,90 €; ISBN 3-205-98390-4
Das Militär als Exekutivorgan staatlicher Gewalt oder als Impulsorgan revolutionärer Bewegung: in diesem Spannungsfeld untersucht der Autor Erscheinungsformen militärischer Auflehnung in der Moderne, als deren Prototyp beziehungsweise "Vormodell" (27) er eingangs den "Verrat" und Tod Wallensteins 1634 skizziert. Gegenstand der umfangreichen Studie sind Fallbeispiele militärischen Widerstands im östlichen Mitteleuropa und in Osteuropa im 19. und 20. Jahrhundert, die aufgrund ihrer jeweils typischen Motivation ausgewählt wurden. Die Gliederung stellt sie in Fallreihen vor, als deren Kriterium der Entwurf des Gegenmodells fungiert, das in den meisten Fällen zugleich Ausgangsbasis für Widerstand oder Aufbegehren war. Hier werden im Hauptteil A: "Truppen in repressiven Aktionen" grundsätzlich zwei Kategorien unterschieden: Zum einen Militär, das zum Vorgehen gegen Unruhen im Inland "in Konfrontation mit Insurrektion und 'Konterrevolution'" eingesetzt wird, zum anderen Truppen, die im Zeitalter des "klassischen Imperialismus" gegen Aufstände und Erhebungen im Kolonialbereich aufgeboten wurden. Die Fallgruppen des Widerstands im Hauptteil B spiegeln die gesellschaftspolitischen Grundströmungen ihrer Zeit, wie sie auch das Militär erfassten: I. Sozialer Aufruhr auf Mannschaftsebene, Konfrontation im annoncierten "Klassenkampf"; II. Nationaler Aufbruch, der neben Mannschaftskadern auch Offiziersgruppen einbezog; III. Hauptstädte als Kulminationspunkte von Umsturzkrisen, Militär in Zerreißproben zwischen Parteien; IV. Offizierswiderstand gegen Autokratie, Fremdherrschaft, Totalitarismus; V. Widerstandsbewegungen aus dem Untergrund, Heereskader und Guerilla. Der dritte Hauptteil der Studie, der den zweiten Band ausmacht, ist Hintergrundüberlegungen gewidmet, die Kausalzusammenhänge innerhalb der untersuchten Fallvorgänge deutlich machen sollen. Hier werden Aufbau- und Ablaufstrukturen der zuvor behandelten Aktionen erörtert und deren motivierende beziehungsweise instrumentalisierende Elemente herausgearbeitet. Den Ausgangspunkt bilden hier Neuansätze wie "Volkskrieg" und "Volksaufstand", wie sie im Gefolge der Napoleonischen Kriege während des 19. Jahrhunderts zu Motivationsmustern für nationalen und sozialen Widerstand wurden (I.). Kapitel II. behandelt die besondere Zuspitzung der Widerstandsproblematik im Fall der deutschen Wehrmacht gegenüber dem NS-Regime. Das III. Kapitel befasst sich mit nachhaltig tradierten operativen und ideologischen Perspektiven wie "sozialer Notwehr", Revolution, Nationalismus, Imperialismus und Sozialismus. Das abschließende IV. Kapitel behandelt dann subjektive Entscheidungsmotive wie Gehorsam, Eid und Gewissen.
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 2.252.212.622.682.312 Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Richard Georg Plaschka: Avantgarde des Widerstands. Wien/Köln/Graz: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/7941-avantgarde-des-widerstands_10528, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 10528 Rezension drucken
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