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/ 08.08.2013
Sebastian Mahner

Bologna als Ländersache. 16 Länder, eine Reform: Die verschlungenen Wege zu Bachelor und Master in Deutschland

Berlin: Lit 2012 (Policy-Forschung und Vergleichende Regierungslehre 14); 466 S.; brosch., 44,90 €; ISBN 978-3-643-11583-6
Diss. Heidelberg. Begutachtung: U. Wagschal, M. G. Schmidt. – Mit dem Bologna‑Prozess wurde eine Reihe von Reformen an europäischen Hochschulen eingeführt, allen voran eine weitgehende Umstellung auf die gestuften Studiengänge Bachelor und Master anstatt der Diplom‑ und Magisterabschlüsse. Mahner analysiert diesen Policy‑Wandel in zwei Untersuchungsdimensionen. Zunächst betrachtet er im Zeitraum von 1992 bis einschließlich 2011 die Policy‑Formulierungen auf länderübergreifender Ebene innerhalb Deutschlands. Auf der theoretischen Grundlage des Advocacy Coalition Framework, der den Fokus auf das Policy‑Lernen der Akteure legt, und anhand von 20 Leitfadeninterviews kann Mahner nachweisen, dass zwar ein großer Politikwandel vonstattenging, dieser jedoch nicht abrupt war, sondern mit langen Verhandlungen und damit verbundenen Lernprozessen zusammenhing. Als treibende Kräfte hinter diesem Wandel sieht der Autor eine besonders reformfreudige norddeutsche Gruppe, zu der sich zudem Berlin und Brandenburg gesellten, wohingegen eine mittel‑ bis süddeutsche unionsregierte, reformkritische Gruppe den Prozess behinderte. Die Motive der Akteure führt der Autor auf die persönliche Sozialisation der beteiligten Politiker zurück. So passten die Merkmale der Reform dabei besonders gut zu den „Vorstellungen marktliberal orientierter Ländervertreter wie Hamburgs Wissenschaftssenator Dräger“ (339). Hinzu kommen zweckrationale Gründe, da in den reformfreudigen Ländern ohnehin hochschulpolitische Umstrukturierungen anstanden. Die zweite Untersuchungsdimension dieser aufwendigen Dissertation besteht in der quantitativen Analyse der Policy‑Implementierung im Zeitraum vom Wintersemester 2005/2006 bis zum Wintersemester 2007/2008. Dabei findet der Autor heraus, dass deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern hinsichtlich des Zeitpunkts der Steuerung, der Steuerungsmittel und vorgegebenen Fristen existierten. Berlin und Nordrhein‑Westfalen steuerten 2003 beispielsweise am frühsten verbindlich, Bayern und Mecklenburg‑Vorpommern schlossen dagegen erste verbindliche Verträge zur Umstellung drei Jahre später ab. Mit Verweis auf die Bachelor‑Quoten belegt Mahner zudem, dass die Veränderungen mit der Steuerung durch staatliche Akteure zusammenhängen. So kommt der Autor abschließend zu dem Fazit, dass Reformen trotz manch eher skeptischer Aussagen auch im föderalistischen System mit seinen vielfachen Verflechtungen bei günstigen Bedingungen möglich sind.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3252.343 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Sebastian Mahner: Bologna als Ländersache. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36052-bologna-als-laendersache_43330, veröffentlicht am 08.08.2013. Buch-Nr.: 43330 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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