/ 20.06.2013
Reinhold Weber
Bürgerpartei und Bauernbund in Württemberg. Konservative Parteien im Kaiserreich und in Weimar (1895-1933)
Düsseldorf: Droste Verlag 2004 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 141); 606 S.; Ln., 84,80 €; ISBN 3-7700-5259-5Diss. Tübingen; Gutachter: B. Mann, D. Langewiesche. - Der Konservatismus ist lange Zeit das „Stiefkind“ der deutschen Parteien- und Wahlforschung gewesen. Insbesondere die regionale, d. h. landespolitische Dimension wurde in den bisherigen Studien, die sich mit der Geschichte von konservativen Parteien auseinander setzen, nicht hinreichend gewürdigt. Dies ist angesichts der Tatsache, dass die Literatur gerade Parteien des konservativen Spektrums einen ausgesprochen stark ausgeprägten Regionalbezug und eine polyzentrische, dezentrale Organisationsstruktur unterstellt, umso erstaunlicher. Weber hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke zu leisten: In seiner umfangreichen und bestens lesbaren Studie, die einen zeitlichen Bogen vom Bismarck-Reich bis zur Weimarer Republik spannt, analysiert er die Entwicklungsgeschichte von zwei konservativen Parteien aus Württemberg. Im „liberalen Musterländle“ konnte sich der politische Konservatismus erst nach 1890 etablieren. Während der Bauernbund hauptsächlich im ländlichen Bereich agierte, waren die Deutschkonservativen bzw. nach 1918 der Bürgerbund vor allem urban verankert. Die dauerhafte organisatorische Trennung des politischen Konservatismus, eine regionale Besonderheit Württembergs, interpretiert Weber als eine Folge der tiefen soziokulturellen Verwurzelung der beiden Strömungen in ihren jeweiligen Wählermilieus. Ein Umstand, der auch zur Erklärung des späten und vergleichsweise schwachen Wahlerfolges der NSDAP herangezogen werden kann. Weber liefert nicht nur einen wichtigen Beitrag zur deutschen Parteiengeschichte, sondern weist zudem auf die Vielschichtigkeit des politischen Konservatismus hin. Gerade das Beispiel der beiden württembergischen Parteien zeigt, dass der deutsche Konservatismus nicht nur in der Gestalt der preußisch-junkerlichen Variante aufgetreten ist.
Jörn Ketelhut (JK)
Dr., Dipl.-Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Rubrizierung: 2.311 | 2.331
Empfohlene Zitierweise: Jörn Ketelhut, Rezension zu: Reinhold Weber: Bürgerpartei und Bauernbund in Württemberg. Düsseldorf: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/22242-buergerpartei-und-bauernbund-in-wuerttemberg_25368, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 25368
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Dr., Dipl.-Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
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