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/ 06.06.2013
Sibylle Tönnies

Cosmopolis Now. Auf dem Weg zum Weltstaat

Hamburg: Europäische Verlagsanstalt/Sabine Groenewold Verlage 2002; 150 S.; brosch., 14,- €; ISBN 3-434-50530-X
Der Band zieht weitreichende Konsequenzen aus dem Anschlag vom 11. September 2001. In ihm "konnte man den Gang der Geschichte über die Welt sehen" (7). So die Autorin eingangs, die daraufhin in zweifelhafter Rhetorik erklärt, als ästhetisches Großereignis habe das Ausmaß der Zerstörung ein "majestätisches Gefühl", eine "erhabene Empfindung" (7) erzeugt, denen nur mit Mühe vom eigenen Gewissen und dem Sinn für politische Korrektheit die Zügel anzulegen waren. Im Folgenden erklärt sie den für sie zentralen und zumeist zu wenig berücksichtigten Aspekt der Diskussion um den 11. September und seine Folgen: Der Unterschied zwischen privat und staatlich, bzw. in der Reaktion zwischen militärisch und (welt-)polizeilich sei verwischt worden. Ausgeführt von Privatpersonen, sei der Anschlag trotz seiner ungeheuer gesteigerten Größenordnung prinzipiell "nichts anderes als die Explosion einer Autobombe" (19) gewesen. Dementsprechend dürfe auch der Kampf gegen den Terror nicht als Krieg bezeichnet und geführt werden, sondern stelle vielmehr die Reaktion der USA in Afghanistan eine völkerrechtlich nicht zulässige (weil souveränitätszersetzende) Polizeiaktion dar. Tönnies kehrt jedoch diese Feststellung normativ um: Die Bildung der weltweiten Allianz gegen den Terror am Tag nach dem Anschlag bedeute "die einverständliche Auflösung des Völkerrechts" (15), der nun konsequenterweise die Etablierung des mit Gewaltmonopol versehenen Weltstaates folgen müsse - unter der Ägide der USA. Obwohl sie wieder und wieder sowohl den Unwillen als auch die Unfähigkeit der USA gegenüber der Gründung einer solchen Pax Americana konstatiert, plädiert Tönnies dennoch für die weltweite "Kapitulation gegenüber der 'Sole Super Power'" (12) und preist die Vorzüge einer globalen Weltinnenpolitik, in der dann das gegen externe Feinde erforderliche Militärische auf Polizeiliches reduziert werden könne. Darin sähe sie nicht zuletzt einen erheblichen ethischen Fortschritt, denn "[d]er Polizei geht es nicht um Sieg oder Niederlage, sondern um Effizienz und Schadensbegrenzung" (22). Letztlich überträgt sie Hobbes' Argument (lieber eine schlechte Regierung als gar keine) auf die Weltpolitik. Überdies erklärt sie mit Kant, dass sich, weil glücklicherweise mit den USA "die mächtigste Macht eine Republik ist", "um sie herum der Ewige Friede kristallisieren" können müsse (12).
Thomas Nitzsche (TN)
M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
Rubrizierung: 4.14.424.22 Empfohlene Zitierweise: Thomas Nitzsche, Rezension zu: Sibylle Tönnies: Cosmopolis Now. Hamburg: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/8809-cosmopolis-now_18977, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 18977 Rezension drucken
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