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/ 17.06.2013
Roger Chickering

Das Deutsche Reich und der Erste Weltkrieg

München: C. H. Beck 2002; 292 S.; 14,90 €; ISBN 3-406-47592-2
Es handelt sich um eine Gesamtdarstellung, die auf knappem Raum die großen Linien des Krieges nachzeichnet, militärisch, politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich: Chickering beschreibt intelligent konzeptioniert und ansprechend formuliert die Hauptprobleme des wilhelminischen Kaiserreiches in seinen letzten Jahren, eröffnet dabei dem Leser so manche Nebenperspektive, die sich in den klassischen Gesamtdarstellungen kaum finden, z. B. wie sich der Krieg auf die Kriminalität im Reich auswirkte und damit auch das gesellschaftliche Gefüge beeinflusste. Nicht nur in diesem Punkt rückt die so genannte Heimatfront in den Mittelpunkt der Darstellung. Chickering zeigt eindrucksvoll, wie unvorbereitet die alten deutschen Eliten in den tatsächlich ersehnten und angestrebten Krieg stürmten - während die breite Bevölkerung wesentlich weniger jubelnd in das Massensterben zog als bislang in der Forschung betont wurde. Auch als der Krieg schon in den ersten Wochen und Monaten die großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten schnell auftreten ließ - ganz abgesehen von den logistischen Problemen der Armee etwa auf dem Munitionssektor -, kamen die Reichsleitung, die Oberste Heeresleitung, die Behörden insgesamt nicht über letztendlich bürokratisch inspirierte Improvisationen hinaus. Dass die in ihrem Führungsanspruch versagenden militärischen und politischen Führungszirkel des Reiches im Zusammenbruch 1918 den Makel der Niederlage mit dem Stichwort "Dolchstoß" der Republik anhängen konnten, vergiftete nicht nur das politische Klima der ersten Jahre der Weimarer Republik, sondern verschaffte den ehemals Herrschenden einen bruchfreien Übergang in die Opposition zur ersten deutschen Demokratie. Mit einer kommentierten Bibliographie schließt Chickering seine gelungene Darstellung ab. Inhalt: Prolog: Das Deutsche Kaiserreich. 1. Der Krieg beginnt: Der "Geist von 1914"; Der Plan; Tannenberg und die Marine. 2. Der Krieg geht weiter: Bürokratische Grundlagen; Die Mobilisierung industrieller Ressourcen; Die Ernährung der Soldaten und der Zivilbevölkerung; Die Mobilisierung der Moral; Die Feldzüge von 1915; Falkenhayn und Bethmann Hollweg. 3. Der Krieg wird total: Die Feldzüge von 1916; Hindenburg und Ludendorff; Das Hindenburg-Programm; Das besetzte Europa; Der Seekrieg. 4. Der Krieg betrifft alle: Krieger; Heimatfront und kämpfende Linien; Die Rechnung für den Krieg; Krieg und Klasse; Geschlecht; Alte und junge Generation; Konfession. 5. Der Krieg sät Zwietracht: Der Krieg und die "Kultur"; Kälte und Hunger; Krieg und Kriminalität; Frühe Opposition; Industrielle Unruhen: Die Arbeiterbewegung spaltet sich; Kriegsziele und Verfassungsänderungen. 6. Der Krieg endet: "Friedensfühler"; Die Fratze des Krieges; Die Ludendorff-Offensive; Das Ende; Der "Dolchstoß". Epilog: Ein Großer Krieg.
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.311 Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Roger Chickering: Das Deutsche Reich und der Erste Weltkrieg München: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16717-das-deutsche-reich-und-der-erste-weltkrieg_19208, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19208 Rezension drucken
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