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/ 22.08.2013
Wolfgang Fritz Haug

Das "Kapital" lesen – aber wie? Materialien zur Philosophie und Epistemologie der marxschen Kapitalismuskritik

Hamburg: Argument 2013 (Berliner Beiträge zur kritischen Theorie 16); 318 S.; 19,50 €; ISBN 978-3-88619-355-4
Wer sich aufgrund des Titels eine unmittelbare Lesehilfe oder einen nahe am Text operierenden Kommentar zu Marx' „Kapital“ erhofft, liegt leider falsch – doch mit dieser Missverständlichkeit ist auch schon die allermeiste Kritik an dieser sehr guten Materialiensammlung beigelegt. Haug legt eine umfassende und wohlüberlegte Intervention in einige sehr spezialisierte und fortgeschrittene Debatten um die neuere Rezeption der Marx‘schen Philosophie vor. Der wichtigste Teil dieser Debatten kreist um die monetäre Werttheorie der sogenannten Neuen Marx‑Lektüre. Dieser Theorieschule widmet sich Haug mit einer umfassenden Kritik. Ausführlich kommentiert wird auch die US‑amerikanische Lesart des „Kapitals“ nach David Harvey und – natürlich – auch die von Louis Althusser vorgeschlagene komplette Neuausrichtung der Kapitalismuskritik anhand des Leitbegriffs der Mehrarbeit anstatt, wie noch bei Marx, der Theorie des Werts/Mehrwerts. Der Autor entwickelt sehr schlüssige Gegenargumente und verteidigt eine klassischere Lesart des „Kapitals“ auf zahlreichen Ebenen: sowohl philologisch auf Basis eines beeindruckenden Detailwissens über die Entstehung von Marx' Hauptwerk als auch philosophisch in Form einer sehr detaillierten Auseinanderlegung von hegel‑marxistischer Logik und Dialektik sowie historisch in Gestalt von Überlegungen zur tatsächlichen politischen Wirkung des „Kapitals“. Letztere verdient besondere Erwähnung: Haug ist einer der wenigen Kommentatoren, die offen die Frage stellen, welche tatsächlichen institutionellen Alternativen zum Kapitalismus aus einer ernsthaften Lektüre des „Kapitals“ entwickelt werden können. Obwohl diese Fragen sehr komplex und speziell sind, schafft es Haug, auch mit der Thematik unvertraute Leser nicht komplett ratlos verzweifeln zu lassen. Doch der wichtigste Effekt ist: Das Buch macht Lust, das „Kapital“ selbst in die Hand zu nehmen.
Florian Geisler (FG)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 5.45.435.455.33 Empfohlene Zitierweise: Florian Geisler, Rezension zu: Wolfgang Fritz Haug: Das "Kapital" lesen – aber wie? Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36088-das-kapital-lesen--aber-wie_44190, veröffentlicht am 22.08.2013. Buch-Nr.: 44190 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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