Diss. Köln; Gutachter: J. Dülffer, E. Kolb. - Behring beschreibt die außenpolitischen Vorstellungen der SPD-Politiker im Exil als das "Resultat einer kontinuierlichen gedanklichen Auseinandersetzung mit der aggressiv-expansiven, auf Unterwerfung und Vernichtung anderer Völker und tendenziell auf die Erringung einer Weltherrschaft abzielenden Außenpolitik der nationalsozialistischen Diktatur" (628). Aber ebenso wie die Modelle aus dem Gegensatz zu Hitlers Außenpolitik zu verstehen sind, so lassen sie sich auch als Ablehnung der alliierten Vorkriegskonzeptionen begreifen. In der Regel haben die Exil-Politiker sich entschieden gegen die Zugeständnisse gewandt, die das Ausland bis 1939 dem aggressiven Hitler-Deutschland zubilligte. Damit stehen die Sozialdemokraten auch im deutlichen Widerspruch zu den nationalkonservativen Kreisen im deutschen Widerstand, die bis 1938 Hitlers Außenpolitik keineswegs ablehnten. Für die Zukunft stellte sich die Mehrzahl der sozialdemokratischen Politiker eine Abkehr vom nationalstaatlichen Souveränitätsdenken vor. Deutschland sollte in eine internationale, vornehmlich westliche Rechtsgemeinschaft eingeordnet werden, außenpolitische, militärische und wirtschaftliche Souveränitätsrechte würden abgetreten. Supranationale Organe hätten weitreichende Eingriffsmöglichkeiten in die einzelnen Staaten, "um den europäischen und globalen Frieden zu wahren" (631 f.). Allein schon durch diese Perspektiven unterschieden sich die sozialdemokratischen Visionen deutlich von den nationalkonservativen Ideen, die schließlich im militärischen Widerstand die Oberhand behielten. Detailliert (und lesbar) zeichnet Behring die Geschichte einer letztendlich im deutschen Widerstand einflusslosen Gruppe nach, deren außenpolitischen Konzeptionen jedoch durchaus eine gewichtige und bedenkenswerte Alternative darstellte. Inhaltsübersicht: 1. Außenpolitische Konzeptionen der deutschen Sozialdemokratie in der Weimarer Republik. I. "Kampf gegen den Krieg": Deutsche Sozialdemokraten im Exil und die internationale Politik bis zum Kriegsbeginn 1939: 2. 1933: Die Ausgangslage; 3. Wahrnehmung und Interpretation der nationalsozialistischen Außenpolitik; 4. Die Politik der Großmächte in der Einschätzung des sozialdemokratischen Exils; 5. Überlegungen und Vorschläge des sozialdemokratischen Exils zur Eindämmung der deutschen Expansion; 6. Prognosen, Standpunkte und Konzeptionen für den kommenden Krieg. II. Rahmenbedingungen für die Neuordnung: Der Zweite Weltkrieg in der Perzeption deutscher Sozialdemokraten im Exil: 7. Sozialdemokratische Positionen zu Politik und Kriegsverlauf bis Ende 1941; 8. Bemühungen zur aktiven Mitwirkung am Kampf gegen das Dritte Reich; 9. Sozialdemokratische Perzeptionen der alliierten Kriegsziele und Versuche zu ihrer Beeinflussung; 10. Die Einschätzung der Mächtekonstellation gegen Ende des Krieges. III. "Ein freies Deutschland in einem freien Europa": Gedankliche Vorarbeiten zu den internationalen Beziehungen in einer friedlichen Nachkriegswelt: 11. Die Überlegungen der Vorkriegszeit und ihre Entwicklung in den Gruppen des Londoner Exils; 12. Die sozialdemokratischen Richtungen in den Vereinigten Staaten; 13. Deutsche Sozialdemokraten und Sozialisten in Schweden; 14. Einzelne SPD-Politiker in der Schweiz und in weiteren Exilländern - und zwei unbeirrte Linkssozialisten; 15. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Friedensmodelle deutscher Sozialdemokraten und Sozialisten im Exil: Ein vergleichender Überblick.