/ 04.06.2013
Jörg Echternkamp
Der Aufstieg des deutschen Nationalismus (1770-1840)
Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 1998; 675 S.; kart., 118,- DM; ISBN 3-593-35960-XGeschichtswiss. Diss. Bielefeld; Erstgutachter: H.-U. Wehler. - Der Autor geht mit neuer Fragestellung an ein gerade sozialwissenschaftlich viel untersuchtes Gebiet heran: die Arbeit kehrt "die ältere Blickrichtung um, indem sie den Nationalismus nicht als eine Funktion der Nation, sondern diese als ein Produkt des Nationalismus ins Blickfeld" (480) nimmt. Die Frage, die sich durch alle Kapitel zieht, zielt auf das Wachsen des Gedankens der deutschen Nation in der Bevölkerung zu einem mehr und mehr handlungsorientierenden politisch-sozialen Konzept. Dieses Wachstum ist nicht kontinuierlich gewesen, sondern erfolgte in Schüben und auf Umwegen, deren wesentliche Phasen der Autor in den drei Teilen seiner Arbeit unterscheidet. Innerhalb der einzelnen Abschnitte untersucht Echternkamp (wie bei einer Arbeit aus der Bielefelder Schule auch zu erwarten) soziale Trägergruppen und Instrumentalisierungen des Nationalismus, die über eine rein ideengeschichtliche Analyse hinausgehen. So entsteht ein frischer Blick auf das Wechselspiel zwischen frühem Liberalismus und frühem Nationalismus. Die kritische Haltung des Autors letzterem gegenüber (die sich nicht nur in der abschließenden Warnung vor einer Renationalisierung zeigt [506]) ist gleichfalls nicht eben überraschend für einen Bielefelder Historiker.
Inhalt: 1. Teil: Die Genese des Frühnationalismus von 1770 bis 1800: 1. Das sozial-, ideen- und mentalitätsgeschichliche Bedingungsgefüge des Frühnationalismus; 2. Formen des Frühnationalismus - Kulturelles Wissen und kollektive Selbstwahrnehmung im sozialen und politischen Spannungsfeld. 2. Teil: Nationalistische Ordnungsvorstellungen von 1800 bis 1820: 3. Die Mobilisierung des Deutschen - Nationalistische Meinungs- und Willensbildung im Rheinbund und in Österreich; 4. Liberalnationalismus und Reform in Preußen - Aktivierung und Aktualisierung nationalistischer Deutungsmuster im Zusammenhang von Modernisierung und Neuordnung; 5. Projektion und Vermittlung des liberalen Nationalismus. 3. Teil: Die Nationalisierung der Gesellschaft in der Restaurationszeit von 1820 bis 1840: 6. Soziale Verankerung, regionale Ausweitung und sprachlich-symbolische Praxis der Nationalbewegung; 7. Die Nation als Rechtsfiktion - Facetten der frühliberalen Fortschrittsvorstellung; 8. Resümee und Ausblick.
Michael Dreyer (MD)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.311 | 5.33
Empfohlene Zitierweise: Michael Dreyer, Rezension zu: Jörg Echternkamp: Der Aufstieg des deutschen Nationalismus (1770-1840) Frankfurt a. M./New York: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5344-der-aufstieg-des-deutschen-nationalismus-1770-1840_7012, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 7012
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Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
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