/ 03.06.2013
Wolfram Wette (Hrsg.)
Deserteure der Wehrmacht. Feiglinge - Opfer - Hoffnungsträger? Dokumentation eines Meinungswandels
Essen: Klartext 1995; 360 S.; 29,80 DM; ISBN 3-88474-269-8Eine Antwort auf die im Titel gestellte Frage formuliert Wette schon im Vorwort: Ein Deserteur ist seiner Ansicht nach "kein Feigling, kein Held, aber ein Mensch, der den Wahnsinn eines verbrecherischen Krieges nicht mehr mitmachte; und das erforderte großen Mut" (9). Wichtigstes Argument gegen die pauschale Verurteilung von Deserteuren ist ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts, das den völkerrechtswidrigen Charakter der deutschen Kriegsführung herausstellt und die Wehrmachtsjustiz als eine dem NS-Regime verpflichtete Institution begreift. Verschiedene Autoren (Manfred Messerschmidt, Fritz Wüllner, Norbert Haase u. a.) geben Einblicke in den Forschungsstand, der das Fundament für das Urteil aus Kassel bildet. In einem breiten Dokumentationsteil präsentiert Wette Debattenausschnitte aus dem Deutschen Bundestag. Die Positionen werden dabei pointiert herausgestellt: Die Befürworter einer Rehabilitation verweisen auf die Forschungen zur NS-Justiz und auf die durchaus positive Beurteilung von Deserteuren des Jugoslawien-Konflikts. Die Gegner lehnen eine pauschale Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure ab und streben eine Einzelfallprüfung an. Die unterschwellig angelegte These des Buches, daß die Deserteure allesamt als Widerstandskämpfer zu begreifen sein sollen, vermag allerdings aufgrund des Anspruchs auf Allgemeingültigeit nicht zu überzeugen.
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.312 | 2.333 | 2.313 | 2.33 | 2.323 | 2.22 | 2.62
Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Wolfram Wette (Hrsg.): Deserteure der Wehrmacht. Essen: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/768-deserteure-der-wehrmacht_622, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 622
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Dr., Historiker.
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