/ 18.06.2013
Bernhard H. Bayerlein / Leonid G. Babičenko / Fridrich I. Firsov / Aleksandr Ju. Vatlin (Hrsg.)
Deutscher Oktober 1923. Ein Revolutionsplan und sein Scheitern
Berlin: Aufbau-Verlag 2003 (Archive des Kommunismus - Pfade des XX. Jahrhunderts 3); 479 S.; geb., 40,- €; ISBN 3-351-02557-2„Die Illusionen über die deutschen Verhältnisse waren teilweise grotesk" (27), beschreibt Weber die Vorbereitungen zu einem Aufstand, der im Oktober 1923 (fast) nicht stattfand: Die Komintern stellte der KPD über einen Sonderfonds Geld zur Verfügung, um in nur wenigen Wochen eine kommunistische Revolution in Deutschland vorzubereiten. Die Bolschewiki wollten sich damit nicht nur aus außenpolitischen Gründen einen revolutionären Verbündeten schaffen, sondern vor allem auch von den innenpolitischen Schwierigkeiten in ihrem eigenen Land ablenken. Der kurzfristige Befehl, den schlecht vorbereiteten Aufstand doch wieder abzusagen, kam nur in Hamburg nicht rechtzeitig an - in einem wenige Tage währenden Putschversuch zeigte sich, dass die KPD trotz aller wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten, mit denen die Weimarer Republik zu kämpfen hatte, keinen Rückhalt bei den Arbeitern besaß. Die Vorbereitungen zum Putsch, die Absprachen innerhalb der KPD, die Zusammenarbeit mit den Moskauer Genossen, die eher einem Befehlsempfang glich, sowie die Ereignisse in jenem Oktober waren bisher nicht im Detail belegt. Mit der Öffnung der Moskauer Archive 1991-1995 erhielten Zeithistoriker in einem deutsch-russischen Kooperationsprojekt die Möglichkeit, die Dokumente des geplanten Aufstandes zusammenzustellen und in diesem Band erstmalig zu veröffentlichen. Damit werden nicht nur einige Legenden geklärt. Eröffnet werde auch der Blick auf „vielfach klare Meinungsverschiedenheiten" (61) innerhalb der kommunistischen Bewegung, so der Kommunismusforscher und Trotzki-Biograf Broué. Am Ende allerdings stand die Bolschewisierung der KPD, so Weber, und damit ihre Unterwerfung unter das Moskauer Diktat.
Aus dem Inhalt:
Hermann Weber:
Vorwort (19-34)
Fridrich I. Firsov:
Ein Oktober, der nicht stattfand. Die revolutionären Pläne der RKP(b) und der Komintern (35-58)
Pierre Broué:
Der Oktober, der nicht stattfand. Ein Kommentar (59-64)
Karsten Rudolph:
Linke Republikaner als streitbare Demokraten - Gedanken zur mitteldeutschen Geschichte. Erich Zeigner, die SPD und der „deutsche Oktober" (65-78)
Zu dieser Edition (79-84)
Dokumente
1. Die Zuspitzung der sozialen und politischen Krise in Deutschland und die Reaktionen der sowjetischen Parteiführung (2. Juli - 21. August 1923)
2. Politische, militärische und geostrategische Einstimmungen auf die Revolution in Deutschland (21. August - 20. September 1923)
3. Weichenstellungen für einen Aufstand in Deutschland und Ausarbeitung der Revolutionspläne. Der Eintritt der KPD in Koalitionsregierungen in Sachsen und Thüringen (21. September - 20. Oktober 1923)
4. Einmarsch der Reichswehr in Mitteldeutschland, „Oktoberrückzug" und „Hamburger Aufstand" (20. Oktober - 5. November 1923)
5. Die „obskure Wende": Umdeutung des „deutschen Oktober", Opferung des Sündenbocks und Genese einer neuen Lesart (6. November 1923 - 19. Januar 1924)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.311
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Bernhard H. Bayerlein / Leonid G. Babičenko / Fridrich I. Firsov / Aleksandr Ju. Vatlin (Hrsg.): Deutscher Oktober 1923. Berlin: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/19687-deutscher-oktober-1923_22917, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 22917
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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