/ 06.02.2014
Karl-Heinz Meier-Braun / Reinhold Weber (Hrsg.)
Deutschland Einwanderungsland. Begriffe – Fakten – Kontroversen
Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 2013; 255 S.; kart., 19,90 €; ISBN 978-3-17-022326-4„Deutschland ist kein Einwanderungsland.“ (17) – So stand es in der Verwaltungsvorschrift zum Reichs‑ und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, das noch bis 1990 galt und die Praxis der Einbürgerungsbehörden bestimmte. Wie sehr sich seitdem die Situation in Deutschland geändert hat, beschreibt nicht nur Mitherausgeber Karl‑Heinz Meier‑Braun in der Einleitung, vielmehr wird sie in den mehr als 60 Beiträgen dieses Bandes nachgezeichnet. Die Texte sind recht knapp gehalten, teilweise umfassen sie nur zweieinhalb Seiten. Sie stammen von insgesamt 43 Autorinnen und Autoren und sind sechs Themenschwerpunkten zugeordnet. Im ersten Teil finden sich eine Definition des Begriffes Migration und darüber hinaus ein Überblick zu Migrationstheorien sowie eine Darstellung der Geschichte der Zuwanderung nach Deutschland. Hierzu zählen auch die Anwerbeabkommen, die im Zeitraum zwischen 1955 und 1968 mit Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei, mit Marokko, Portugal, Tunesien und Jugoslawien geschlossen wurden. In der Bundesrepublik wuchs die ausländische Erwerbsbevölkerung von 1961 bis zum Anwerbestopp 1973, als die „Ausländerbeschäftigung“ (39) den Gipfelpunkt erreichte, von 550.000 auf rund 2,6 Millionen Menschen an. Vom Ende der 1950er‑Jahre bis 1973 kamen rund 14 Millionen ausländische Arbeitskräfte nach Deutschland, etwa elf Millionen Menschen kehrten wieder zurück. Jochen Oltmer bezeichnet dieses Arbeitsmigrationsregime als ein „Kennzeichen insbesondere der Phase starken Wirtschaftswachstums der ersten drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg“ (41). In weiteren Themenbereichen werden die ganz unterschiedlichen Zuwanderergruppen, wie etwa „jüdische Kontingentflüchtlinge“ (81), die aus der Sowjetunion beziehungsweise Russland einreisten, Spätaussiedler oder Sinti und Roma, das Asyl‑ und Flüchtlingsrecht sowie die Integrationspolitiken auf den verschiedenen Handlungsebenen (EU, Bund, Länder, Kommune) beschrieben. Kritisiert wird, dass derzeit vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und eines wachsenden Fachkräftebedarfs verstärkt Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für eine gesteuerte Einwanderung nach Deutschland diskutiert werden. Wie wichtig eine Willkommenskultur dabei sei, werde vielfach übersehen, schreiben Andreas Merx, Jakob Ruster und Yvonne Szukitsch. Nötig sei eine „konsequente Gleichstellungsstrategie“, wozu sie die Erleichterung des Zugangs zu Staatsbürgerschaft und Wahlrecht sowie eine „verbindliche“ (250) Antidiskriminierungspolitik zählen. Der Band vermittelt einen hervorragenden Überblick über die Themen Migration und Integration und kann auch für Praktiker sehr hilfreich sein.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3 | 2.35 | 2.342 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Karl-Heinz Meier-Braun / Reinhold Weber (Hrsg.): Deutschland Einwanderungsland. Stuttgart: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36692-deutschland-einwanderungsland_44272, veröffentlicht am 06.02.2014. Buch-Nr.: 44272 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenDipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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