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/ 03.06.2013
Sabine Hark

deviante Subjekte. Die paradoxe Politik der Identität

Opladen: Leske + Budrich 1996 (Kieler Beiträge zur Politik und Sozialwissenschaft 14); 191 S.; kart., 44,- DM; ISBN 3-8100-1698-5
"Identität hat Konjunktur" (14), und wer sich mit der sozialen Konstruktion von Identität und Differenz auseinandersetzt, muß sich zugleich mit dem Denken Michel Foucaults befassen. Dies tut die Autorin in einer komplexen, vielschichtigen, zugleich aber ausgesprochen lesbaren und lesenswerten Analyse, zu der es in deutscher Sprache keine Konkurrenz gibt. Aber Ansatz und Anspruch reichen weiter als ein "bloßes" Nach-Denken Foucaults, und dieser Anspruch wird eingelöst. Hark geht es um "die komplexe Problematik des Verhältnisses von Identität und Politik" (20), wobei ihre Skepsis gegenüber einer statisch aufgefaßten Identität den Weg weist. Vielmehr sei Identität eine ständige dynamische Aufgabe, die sich im Diskurs mit der stabilisierenden Norm verändern und selbst in Frage stellen muß (27 ff.). Als Alternative zu einer präpolitischen, essentialistischen Identität entwickelt sie den Begriff devianter Subjektivität (30, 169 ff.), der als Gegen-Diskurs im Sinne Foucaults fungieren kann. Das ist nicht als Verzicht auf Identität zu verstehen, sondern als Dekonstruktion eines Absoluten, die dringend erforderlich ist. Es ist wohltuend, in einem in vielerlei Hinsicht am "cutting edge" zeitgenössischer politischer Theorie beheimateten Sektor endlich einmal eine scharfsinnige Analyse zu lesen, die die wenigstens in Deutschland übliche wissenschaftlich unzulängliche Betroffenheitsliteratur weit überragt. Hark ist ein bedeutendes Buch gelungen. Hoffentlich wird es auch außerhalb "betroffener" Kreise die gebührende Resonanz finden. Inhaltsübersicht: Exposition: Identität(s)Brocken; I. Der Identitätspolitik auf den Leib gerückt. Theoriereflexionen; II. Genealogien. Sexualität - Geschlecht - Identität. Zur historischen Genese "lesbischer Subjekte"; III. Einsätze im Feld der Macht. Zur Kritik lesbischer Identitätspolitik; IV. Politik ohne Geländer. Identitätspolitik neu denken; V. deviante Subjekte. Disloyal und deplaziert.
Michael Dreyer (MD)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.42.272.23 Empfohlene Zitierweise: Michael Dreyer, Rezension zu: Sabine Hark: deviante Subjekte. Opladen: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2300-deviante-subjekte_2822, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 2822 Rezension drucken
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