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/ 20.06.2013
Jiří Gruša / Václav Havel

Die Macht der Mächtigen oder Die Macht der Machtlosen? Moc mocných aneb Moc bezmocných? Aus dem Tschechischen von Christa Rothmeier

Klagenfurt: Wieser Verlag 2006; 81 S.; 14,80 €; ISBN 978-3-85129-601-3
„Ich glaube in der Politik so etwas wie ein kleiner Irrtum der Geschichte gewesen zu sein“ (53), sagt Havel, der als einstiger Dissident nach der Samtenen Revolution tschechoslowakischer und später tschechischer Staatspräsident geworden war – und damit als parteiloser Politiker fünfzehn Jahre lang bestehen konnte. Im Gespräch mit Gruša, u. a. Unterzeichner der Charta 77 und heute Präsident des Internationalen PEN, reflektiert Havel über die Aufgabe von Politik. Ausgangspunkt ist sein Text „Versuch, in der Wahrheit zu leben. Von der Macht der Ohnmächtigen“, den er 1978 schrieb und der in Auszügen in diesem Gesprächsband abgedruckt ist. Havel findet seinen Text zwar mittlerweile naiv formuliert, seiner Überzeugung aber sei er treu geblieben. Was ihm noch heute aktuell erscheine, „ist die Spannung zwischen dem menschlichen Inhalt der Demokratie und ihrer Form“ (39). Politische Strukturen sollten sich nicht an der „technischen“ Seite der Machtausübung orientieren, sondern an dem „Sinn ihrer Ausübung“ (19). Sie sollten klein, offen und dynamisch sein. Havel stellt daher das Prinzip der Selbstverwaltung in den Mittelpunkt seiner Überlegungen – und so hätten sich ihm während seiner Amtszeit die Haare gesträubt „angesichts mancher Dinge, die bei uns geschahen und die ich nicht ändern konnte“ (43). Auf die Gegenwart bezogen warnt Havel davor, dass „das Unwesen der Mafia und die Dämonen des Nationalismus“ (69) die vom Kommunismus befreiten Gesellschaften bedrohen könnten. Zu hoffen sei auf einen heilenden Einfluss der Europäischen Union – diese müsse sich allerdings bewusst werden, dass sie „eine der Integration dienende Vereinigung ist, die sich auf in Jahrtausenden herausgebildete Werte und Prinzipien stützt“ (79) und damit eine historische Aufgabe zu erfüllen habe. Grundsätzlich seien Politiker nicht machtlos, sagt Havel, sich ihres möglichen Einflusses aber nicht immer bewusst. „Die Politik ist ein unaufhörlicher Strom von etwas, was niemals als fertig und erledigt abgehakt werden kann.“ (55)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.12.612.22.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jiří Gruša / Václav Havel: Die Macht der Mächtigen oder Die Macht der Machtlosen? Klagenfurt: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/25650-die-macht-der-maechtigen-oder-die-macht-der-machtlosen_29760, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 29760 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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