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/ 04.06.2013
Niklas Luhmann

Die Politik der Gesellschaft. Hrsg. André Kieserling

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2000; 444 S.; Ln., 48,- DM; ISBN 3-518-58290-9
Nach den bisher schon publizierten Studien über einzelne Funktionssysteme der Gesellschaft - Wirtschaft (1988), Wissenschaft (1990), Recht (1993) und Kunst (1995) - erscheint nun aus dem Nachlass Luhmanns die über Politik. Obschon Politik und Verwaltung schon früh Gegenstand seiner Analysen waren, hat sich Luhmann offensichtlich erst Anfang der 90er-Jahre zu einer eigenständigen Ausarbeitung entschlossen. Der Text basiert auf einem Computerausdruck von 1996, der - weil Luhmann am einmal Geschriebenen kaum etwas änderte - vom Herausgeber Kieserling nur geringfügig überarbeitet worden ist (Einbau vorgesehener Zusätze, Überprüfung der Orthographie, Ergänzung unvollständiger bibliographischer Angaben; Aktualisierung von Selbstzitaten, Sachregister [436]). Was wir damit in Händen halten - so Kieserling -, "ist also weniger als ein fertiges Buch und doch ungleich mehr als nur ein Fragment" (436). Diese Entscheidung zur schnellen Publikation jenseits ambitionierter philologischer Ansprüche kann man (nicht allein aus politikwissenschaftlicher Sicht) nur begrüßen, denn das Buch bündelt noch einmal die ganz andere Perspektive, von der aus die soziologische Systemtheorie ihren Blick auf das Verhältnis von Politik und Gesellschaft wirft und der für die etablierte politische Theorie stets eine Provokation dargestellt hat. Weil die politische Theorie - so entwickelt Luhmann eingangs die Fragestellung - auf die Ideengeschichte des Politischen fixiert sei, entgehe ihr, "daß die eigentlichen Probleme im Begriff der Gesellschaft liegen" (7 f.). Vor dem Hintergrund von Differenzierungstheorie und der generellen Prämisse, dass soziale Systeme auf Kommunikation beruhen, können traditionelle Beschreibungen von "Politik und Gesellschaft" nicht mehr bestehen. Wenn aber Gesellschaft beides ist - "das politische System selbst und seine innergesellschaftliche Umwelt" (16) - wirft das die (im Rahmen des Buches auch anhand zentraler politikwissenschaftlicher Kategorien wie Macht, Entscheidung, Staat und Öffentlichkeit behandelte) Frage auf, worin sich denn die politische von anderer gesellschaftlicher Kommunikation unterscheidet. Die Antwort - man weiß es - erwartet Luhmann nicht von der Politikwissenschaft: "Fragen dieser Art stellen hohe Ansprüche an begriffliche Präzision, und dies in einer Strenge, denen gegenwärtig die politische Theorie weder als Handlungstheorie noch als Institutionentheorie zu genügen vermag." (17) Inhalt: 1. Die Politik der Gesellschaft: Zur Fragestellung; 2. Das Medium Macht; 3. Ausdifferenzierung und operative Schließung des politischen Systems; 4. Politisches Entscheiden; 5. Das Gedächtnis der Politik; 6. Der Staat des politischen Systems; 7. Politische Organisationen; 8. Öffentliche Meinung; 9. Selbstbeschreibungen; 10. Strukturelle Kopplungen; 11. Politische Evolution.
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.425.46 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Niklas Luhmann: Die Politik der Gesellschaft. Frankfurt a. M.: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/4702-die-politik-der-gesellschaft_14889, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14889 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
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