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/ 04.06.2013
Ludwig Eiber

Die Sozialdemokratie in der Emigration. Die "Union deutscher sozialistischer Organisationen in Großbritannien" 1941-1946 und ihre Mitglieder. Protokolle, Erklärungen, Materialien

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 1998 (Archiv für Sozialgeschichte: Beiheft 19); CLXXVI, 911 S.; hardc., 168,- DM; ISBN 3-8012-4084-3
Nachdem bereits 1995 die Protokolle des sozialdemokratischen Exil-Parteivorstands (Sopade) in der tschechoslowakischen und französischen Emigration zwischen 1933 und 1940 veröffentlicht wurden (Marlis Buchholz / Bernd Rother: Der Parteivorstand der SPD im Exil. Protokolle der Sopade 1933-1940, Bonn 1995), liegt nun der Fortsetzungsband über die Emigration in Großbritannien von 1941 bis Anfang 1946 vor, der zugleich die verdienstvolle Edition abschließt. Da für die Zeit der britischen Emigration keine offiziellen Protokolle des Parteivorstands, sondern nur private Aufzeichnungen Fritz Heines existieren und sich zudem im Frühjahr 1941 die Londoner Mitglieder des Parteivorstands mit der Gruppe "Neu Beginnen", dem Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK) sowie der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) zur "Union deutscher sozialistischer Organisationen in Großbritannien" zusammenschlossen, dokumentiert der Band im wesentlichen die Aktivitäten der "Union" und ihrer Mitgliedsorganisationen, deren wichtigste die Sopade war. Mehrere Entwicklungsstränge hatten zur Gründung der "Union" beigetragen: die Ernüchterung der beteiligten Gruppen über die KPD in der Folge des Hitler-Stalin-Pakts und die damit einhergehende Entscheidung für ein sozialistisches Bündnis unter Ausschluß der Kommunisten; die Einflußnahme und der Druck durch die Labour Party, die für die internen Querelen der deutschen Sozialisten wenig Verständnis zeigte; schließlich das wachsende Bewußtwerden der eigenen Schwäche sowie der militärischen Übermacht Deutschlands, das die politischen Differenzen im sozialistischen Lager in ihrer Bedeutung erheblich relativierte. An der verbreiteten Auffassung, die Londoner Phase der Sopade sei wenig erfolgreich und für die weitere Entwicklung der Sozialdemokratie nicht sonderlich bedeutsam gewesen, nimmt Eiber deutliche Korrekturen vor. Die programmatische Arbeit der "Union" sowie das von ihr entwickelte Konzept einer sozialen und ideologischen Öffnung bei gleichzeitiger strikter Abgrenzung von der KPD seien wegweisend für die Nachkriegs-SPD geworden; der "Union" sei es gelungen, das von ihr repräsentierte "Modell" über verschiedene Kanäle schon vor Kriegsende, insbesondere aber unmittelbar nach Kriegsende erfolgreich nach Deutschland zu tragen. Der umfangreiche Band gliedert sich wie folgt: Nach einer ca. 160seitigen Einführung des Herausgebers werden in chronologischer Reihenfolge auf etwa 500 Seiten die Dokumente der "Union" abgedruckt, gefolgt von ca. 250 Seiten sozialdemokratischer Dokumente (des Parteivorstands und der Landesorganisation) sowie - mit deutlich geringerem Umfang - dokumentarischem Material der drei anderen an der "Union" beteiligten Organisationen. Ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Personen- und Sachregister schließen das Buch ab.
Ulrich Teusch (UT)
Priv.-Doz. Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.312 Empfohlene Zitierweise: Ulrich Teusch, Rezension zu: Ludwig Eiber: Die Sozialdemokratie in der Emigration. Bonn: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/4028-die-sozialdemokratie-in-der-emigration_5719, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 5719 Rezension drucken
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