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/ 22.06.2013
Wiebke Bachmann

Die UdSSR und der Nahe Osten. Zionismus, ägyptischer Antikolonialismus und sowjetische Außenpolitik bis 1956

München: Oldenbourg Verlag 2011 (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 102); 223 S.; brosch., 24,80 €; ISBN 978-3-486-70371-9
Nach wie vor gehört der Nahe Osten aufgrund seiner strategischen Bedeutung zu den Regionen der Erde, in denen die Interessen der verschiedenen Groß- und Regionalmächte miteinander in Konflikt geraten. Das galt auch nicht zuletzt für die Zeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges, in der das Zweckbündnis der Anti-Hitler-Koalition zerfiel und die ideologischen Differenzen zwischen dem Westen und der Sowjetunion das Wettrennen um Macht und Einfluss stimulierten. Dass die Regionalmächte dabei keineswegs nur als Spielbälle der großen Mächte fungierten, sondern eine ganz eigene Interessenpolitik verfolgten, weist Wiebke Bachmann in der in sechs Hauptkapiteln unterteilten Studie nach. Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem komplexen Beziehungsgeflecht zwischen der Sowjetunion und der zionistischen Bewegung in Palästina einerseits und andererseits Ägypten, dem Vertreter eines entschiedenen Antikolonialismus. Entgegen älterer Behauptungen, dass die Palästina-Frage lediglich Unterabteilungen des sowjetischen Apparates beschäftigt hätte, kommt die Autorin zu dem Schluss, dass es sich hier vielmehr um ein Problem handelte, von dessen Lösung sich die allerhöchsten Stellen der UdSSR eine Mehrung des eigenen Prestiges und weitreichende strategische Optionen in der Region versprachen. Das führte dann sogar dazu, dass die Sowjetunion 1955 nicht erst Ägypten, sondern schon vorher – wenn auch über Umwege – die Israelis mit Waffenlieferungen unterstützte. Schließlich verhieß die Unterstützung der zum Kampf um die staatliche Unabhängigkeit entschlossenen jüdischen Gemeinschaft im Nahen Osten zugleich auch eine Wirkung auf die jüdische Gemeinde in den USA, die die größte der Welt war. Endgültig der Sowjetunion zugewandt hat sich schließlich jedoch weder Israel noch Ägypten, und so liegt die Bedeutung der Studie nicht allein in der Darstellung des außenpolitischen Beziehungsgeflechts und in der Auswertung zahlreicher bisher unbekannter Quellen. Bachmann zeigt vielmehr, dass sich kleine Staaten und Interessengruppen die Konflikte der großen Mächte geschickt zunutze machen können.
Michael Vollmer (MV)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.
Rubrizierung: 4.222.622.632.234.1 Empfohlene Zitierweise: Michael Vollmer, Rezension zu: Wiebke Bachmann: Die UdSSR und der Nahe Osten. München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33812-die-udssr-und-der-nahe-osten_40510, veröffentlicht am 30.06.2011. Buch-Nr.: 40510 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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