/ 22.06.2013

Christian Dries
Die Welt als Vernichtungslager. Eine kritische Theorie der Moderne im Anschluss an Günther Anders, Hannah Arendt und Hans Jonas
Bielefeld: transcript Verlag 2012 (Edition Moderne Postmoderne); 515 S.; kart., 39,80 €; ISBN 978-3-8376-1949-2Diss. phil. Freiburg i. Br.; Begutachtung: R. Kather, N. Degele. – Das ehrgeizige Ziel der Studie ist „eine kritische philosophische Theorie der Moderne“ (9). Erreicht werden soll dies durch die Anknüpfung an und das Weiterdenken von drei Referenzphilosophen. Insbesondere Günther Anders und Hannah Arendt sowie in geringerem Umfang auch Hans Jonas sollen den Weg zur Kernthese weisen, „dass die moderne Welt sich sukzessive in einen Ort zu verwandeln droht, der sich als globales Vernichtungslager beschreiben und begreifen lässt“ (323). Im ersten Teil wird das Ausgangsmaterial zu dieser These gewonnen. Die anthropologischen Grundannahmen von Anders – unter Einbeziehung bislang unveröffentlichter Frühschriften –, Arendt und Jonas werden rekonstruiert und zu einer die folgenden Überlegungen orientierenden „anthropologische[n] Leitplanke“ zusammengeführt, die „grundlegend durch die qua bio‑ontologischer Abständigkeit, Pluralität und Natalität verbürgte Weltoffenheit des ‚natürlichen Kulturwesens‘ Mensch definiert ist“ (132). Im Anschluss daran werden die auf dieser anthropologischen Basis fußenden Modernediagnosen der drei Protagonisten referiert. Im zweiten Teil der Studie verdichtet Christian Dries die rekonstruierten Einsichten zu einer „Weltlagertheorie“. Der Begriff „Lager“ soll dabei explizit nicht metaphorisch gebraucht werden, sondern zielt auf ein Prinzip, das sich „in Form der Welt – als globale Lebensform – entfaltet, das überall auf der Welt virulent ist und mannigfache Gestalten annimmt“ (332). Das wirksame Richtungsprinzip sei dabei „der Glaube an die Möglichkeit unbeschränkter Machbarkeit“ (343). Die Lagerthese soll daher in kritischer Absicht spezifisch moderne Phänomene der Dimensionen Natur, Technik, Wirtschaft und Politik wie etwa Umweltverschmutzung, Gentechnologie oder Postdemokratie bündeln. Allen diesen Entwicklungen sei gemein, dass sie je auf ihre Weise die zuvor rekonstruierte conditio humana – die Weltoffenheit und Freiheit des Menschen – bedrohten. Die Bedingungen, die nötig seien, das anthropologisch verankerte Potenzial zu Freiheit und echtem menschlichen Leben zu verwirklichen, würden so zunehmend untergraben.
Nikolai Münch (NM)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Forschungszentrum Laboratorium Aufklärung, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.42
Empfohlene Zitierweise: Nikolai Münch, Rezension zu: Christian Dries: Die Welt als Vernichtungslager. Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34940-die-welt-als-vernichtungslager_42015, veröffentlicht am 13.02.2013.
Buch-Nr.: 42015
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M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Forschungszentrum Laboratorium Aufklärung, Universität Jena.
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