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/ 18.06.2013
Ingrid Betancourt

Die Wut in meinem Herzen. Aus dem Französischen von Christiane Filius-Jehne

München: List Verlag 2002; 255 S.; 2. Aufl.; geb., 19,- €; ISBN 3-471-79455-7
Ihre Freunde und Unterstützer hoffen immer noch, dass dieses Buch nicht zum politischen Testament geworden ist. Betancourt hatte es zur Selbstdarstellung geschrieben, da sie sich und ihre Kandidatur während des Präsidentschaftswahlkampfes von den kolumbianischen Medien praktisch totgeschwiegen sah. Im Februar 2002 wurde sie von der Guerillaorganisation FARC entführt. Liest man ihre Autobiografie, fällt die Antwort auf die Frage, wer einen Nutzen aus ihrer Entführung ziehen konnte, breit gefächert und dennoch eindeutig aus: das gesamte politische Establishment Kolumbiens. Betancourt hat als Abgeordnete und Senatorin gegen die weit verbreitete Korruption und die Abhängigkeit der Politiker von der Drogenmafia gekämpft. Vor allem den damaligen Präsidenten Samper bezichtigte sie der Korruption und der Anstiftung zum Mord an mindestens einem Zeugen, der gegen ihn aussagen wollte. Ihre Beschreibungen der korrupten Zustände Kolumbiens wirken glaubwürdig und sind die Stärke dieses Buches. Die Gründung ihrer eigenen Partei beschreibt sie nur kurz unter organisatorischen und nicht unter inhaltlichen Aspekten. Der Versuch, mit dieser Partei den Anschluss an die US-amerikanische und die europäischen Umweltparteien zu finden, spielt keine Rolle. Es hätte wohl nicht in ihren Wahlkampf gepasst, in dessen Mittelpunkt die Korruption stand. Mit dem Wahlkampf erklärt sich wohl auch, warum sie ihre frühere Zusammenarbeit mit Politikern der etablierten Parteien, auch mit Samper, recht naiv schildert. Von dieser wahlkampftaktisch motivierten Selbstdarstellung in diesem Buch abgesehen, verdient Betancourt Respekt. Mit ihrem Verzicht auf das Zusammenleben mit ihren Kindern, die sie aus Sicherheitsgründen bei deren Vater im Ausland untergebracht hat, und ihrem bedingungslosen Einsatz für ihr Heimatland ist sie eine politische Ausnahmegestalt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.652.12.252.24 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Ingrid Betancourt: Die Wut in meinem Herzen. München: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/18416-die-wut-in-meinem-herzen_21330, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 21330 Rezension drucken
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